Volltext: Das Linzer Programm der christlichen Arbeiter Österreichs

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also: die Wirtschaftsiedlung ist eine der wichtigsten Gegenwartsauf- 
gaben -er Arbeiterbewegung. 
Leo XIII.» sonst so knapp in seinen Ausführungen- widmet in sei 
nem Arbeiterrundschreiben der Arbeitersiedlung zwei Abschnitte in so 
warmer und liebevoller Darstellung, daß gerade die christliche Arbeiter 
bewegung darin immer ein Hauptziel sehen muß: 
„Verdient der Arbeiter genug Lohn, um sich mit Weib und Kind ernäh 
ren zu kennen, so wird er vernünftiger Weise auch bald zu sparen beginnen. 
Wird trachten, über den Verbrauch hinaus etwas zurückzulegen, um allmählich 
ein kleines Vermögen anzusammeln. Wir sahen ja schon, daß wir unsere Frage 
nicht zwecksicher lösen können, wenn wir nicht von vornherein das Eigentumsrecht 
anerkennen. Die Gesetze müssen dieses Streben nach Vermögen begünstigen 
und die Grundlage schaffen, daß eine möglichst große Menge sich darauf ein 
stellen kann." (Leo, Arbeiterfrage 57.) 
„Ganz bedeutende Vorteile entsprängen daraus. Zunächst würden sich 
die wirtschaftlichen Güter gleichmäßiger verteilen. Die Entwicklungswege der 
menschlichen Gesellschaft haben einen Zustand geschaffen, der die Einwohner 
der Städte in zwei Schichten teilt, durch einen ungeheuren Abstand voneinander 
getrennt. Auf der einen Seite eine übermächtige Gruppe, deren Uebermacyt 
aus dem Güterüberfluß stammt. Diese Schichte herrscht über die Vetriebstätten 
und über den Handel unbeschränkt, bemächtigt sich sämtlicher Quellen des Wohl 
standes zu ihrem alleinigen Vorteil und hat selbst in der Staatsverwaltung den 
höchsten Einfluß. Auf der anderen Seite haben wir eine güterarme und ein 
flußlose Menge, gedrückt und immer bereit, gesellschaftliche Wirren zu ent 
fachen. Erregen wir aber in dieser Menge das Streben nach dem Erwerb eines 
kleinen Grundstückes, so wird eine Schichte der anderen immer näher kommen 
und der Abstand zwischen den Spitzen des Reichtums und der gänzlichen 
GUterlosigkeit wird zusammenschrumpfen. 
Ganz abgesehen davon, daß ein solcher Zustand auch den Ertrag des 
Bodens vermehrt. Weiß der Mensch, daß er in seinem Eigentum arbeitet, 
so steigt seine Arbeitsfreude und seine innere Arbeitskraft: Za er gewinnt 
sein Stückchen Erde lieb und erhofft sich von ihr nicht nur unmittelbare Nah 
rungsmittel für feine Hauswirtschaft, sondern auch einen gewissen Mehrerlrag 
und wie steigert diese Arbeitsfreude den Ertrag des Bodens und den Reichtum 
der Gesellschaft! Es entspringt daraus sofort ein dritter Vorteil: Der Mensch 
trennt sich nicht gerne von seiner Heimat; nie wird er seine Heimat gegen 
ein anderes Land vertauschen, wenn sein Vaterland ihm genügend Raum gibt, 
den Lebensunterhalt zu erwerben. Ganz klar, daß alle diese Vorteile nur auf 
treten können, wenn das Vermögen nicht durch Abgaben und Steuern über 
lastet ist. Das Besitzrecht stammt ja nicht aus menschlicher Satzung, sondern 
aus dem Wesen des Menschen selbst. Daher kann es die staatliche Hoheit nicht 
beseitigen, sondern nur in rechten Schranken hallen und mit dem Gemeinwohl in 
Einklang bringen. Es wäre ungerecht und unmenschlich, wenn ein Staat unter 
dem Deckmantel von Steuern seine Bürger entgüterte." (Leo, Arbeiterfrage 9S.)
	        
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