Volltext: Das Linzer Programm der christlichen Arbeiter Österreichs

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Uche Kraft ohne Mensch nicht besteht. Miete ich also die Arbeitskraft, 
so miete ich den Menschen. Miete ich den Menschen, so reihe ich ihn 
unter die Waren ein. „Schändlich und menschenunwürdig aber ist es, 
den Menschen als Ware anzusehen". (Vgl. S. 98.) 
12. Einwand: Leo XIII. fordert gar nicht die Bemessung des 
Lohnes nach dem Ertrag, er fordert an der Stelle, wo er über den Lohn 
spricht, einfach den Mindestlohn. 
Antwort: Leo sagt im Abschnitt 55 über die gerechte Be 
messung überhaupt nichts. Er stellt lediglich fest, daß wir uns mit dem 
freien Arbeitsvertrag abfinden können — genau wie wir. Wohl aber 
stellt er die unverrückbare Grundlage der Bemessung fest, den Mindest 
bedarf des einfachen Arbeiters — genau wie wir — und stellt weiter 
fest, daß diese Mindestforderung dem freien Vertrag überhaupt entrückt 
ist, daß also keine Form der Aufteilung daran etwas ändern darf, weder 
Vertrag noch Satzung. 
2m übrigen müssen wir Leos Rundschreiben Uber die Arbeiter 
frage als Ganzes nehmen, sonst können wir nicht einmal behaupten, 
daß Leo den Zamilienlohn fordert. Man kann doch nicht verlangen, 
daß der Papst in jedem Abschnitt dasselbe sage. 
Leo fordert den Zamilienlohn, indem er den Menschen als Zami- 
lienwesen auffaßt (Arbeiterfrage 17) und die Frau von der Arbeit 
außer Haus befreien will (Arbeiterfrage 54). 
Er fordert die Bemessung des Lohnes nach dem Ertrag, indem 
er die Arbeit als die einzige Quelle des Gütervorrates betrachtet. (Die 
Aatur ist wohl auch Quelle, aber nur im Dienste des arbeitenden Men 
schen.) Für ein Einkommen ohne Arbeit ist außer den bekannten Fällen 
von Arbeitsunfähigkeit und des Almosens kein Platz. Man vergleiche 
noch einmal die Stellen: 
„Alles, was wir brauchen, um unser Leben zu erhallen und zu gestalten, 
spendet uns die Erde im Ueberfluß, sie spendet es aber nicht ohne die beständige 
sorgenvolle Arbeit des Menschen." (14). 
„<5ndem der Mensch aus dem Erdreich dadurch die Güter herausholt, 
daß er feine Geistes- und Körperkräfte aufbraucht, eignet er sich eben diesen 
Eeil der äußeren Güter zu, drückt ihnen sozusagen einen persönlichen Stempel 
auf; mit vollem Recht geht daher dieser Eeil in sein Eigentum über und nie 
mand darf ihn darin verletzen." (14). 
„Es ist vollständig richtig, wenn man sagt, der gesamte Lebensunterhalt 
ruhe auf der Arbeit." (15). 
„Es ist unrecht, daß jemand das besitzt und genießt, worauf ein anderer 
seinen Schweiß verschwendet hat." (15).
	        
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