Volltext: Österreichische Regierung und Verwaltung im Weltkriege

ABSOLUTISMUS UND ZENTRALISATION. 
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der modernen Bureaukratie seit 1850 zur politischen Bedeutungs* 
losigkeit verurteilte, im Gegensatz zu dieser und dem liberalen 
Bürgertum mehr und mehr an die Slawen und hierbei vor allem 
an die streng katholisch gesinnte Bauernschaft angenähert. 
Ähnlich verhielt es sich mit dem Großgrundbesitz in den deut= 
sehen Alpenländern, welcher sich politisch mit der vom kirch* 
liehen Einflüsse beherrschten Bauernschaft großenteils einig 
wußte. Der frühere Gegensatz zwischen feudalem Großgrunds 
besitz und Bauerntum war eben durch die Grundentlastung in 
weitem Ausmaße beseitigt worden, ja es begann sich auch schon 
um den Anfang der sechziger Jahre ein gewisses wirtschaftliches 
gemeinsames Interesse des Großgrundbesitzes und der 
Bauernschaft neben der gemeinsamen konservativskirchlichen 
Gesinnung als ein den ganzen Grundbesitz politisch einigendes 
Band geltend zu machen. Am auffallendsten blieb jedoch die 
politische Wandlung in der Stellung des Großgrundbesitzes in 
Böhmen und dessen Nebenländern. Das Programm der seit 
1860 von Böhmen aus formell konstituierten feudalen Adels* 
partei stellte sich auf den seit 1848 von den Tschechen, Polen 
und Südslawen eingenommenen föderalistischen Standpunkt, 
und zwar hierbei geleitet von einer ursprünglich in Ungarn durch 
den großen Patrioten und Schriftsteller Josef von E ö t v ö s 
zugunsten des Magyarentums aufgestellten und verfochtenen 
historisch*politischen Doktrin, die den Grundsatz der althisto* 
rischen Individualität und Rechte der einzelnen Länder der 
Gesamtmonarchie mit allem Nachdruck betonte, die Autonomie 
dieser Länder als die rechtliche und politische Essenz öster* 
reichischer Verfassungsgesetzgebung proklamierte und sich in 
deutlichen Widerspruch zu der seit 1850 festgelegten zentrale 
stischen Politik des Kaisers und der Bureaukratie stellte. Die 
Autonomie der Länder auf Grund historischen Rechtes wurde 
aber nicht minder von den bürgerlichen Politikern der Tsche* 
chen schon 1848 zur Grundlage ihres Programmes gemacht, weil 
sie als Mehrheitsvolk in Böhmen und Mähren bestimmt erwarten 
durften, für die wichtigsten staatlichen Aufgaben in legisla* 
tiver und administrativer Hinsicht innerhalb eines selbständigen 
Königreiches Böhmen dauernd die politische Übermacht in 
einem Generallandtag desselben zu besitzen und daher das volle 
Recht für die staatliche Anerkennung ihrer Sprache und damit 
den festen Ausgangspunkt für die ungehemmte Entfaltung ihres , 
Redlich. 2
	        
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