Volltext: Urkundenforschung

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der Urkunden selbst ist die Kenntnis des gesamten Kanzlei 
personals von großer Wichtigkeit. Daher erwächst der 
Kanzleiforschung die Aufgabe, möglichst vollständige Listen 
aller Kanzleibeamten zusammenzustellen 28 ); zu diesem 
Zwecke müssen daher, wie bereits oben bei der Feststellung 
des Diktats angedeutet wurde, soweit die Urkunden selbst 
nicht ausreichen, alle möglichen anderen Geschichtsquellen, 
so vor allem Annalen, Chroniken, Biographien und Ge 
schichtsdarstellungen aller Art, ja sogar Dichtungen sowie 
Schriftwerke der verschiedensten Wissenschaften und Denk 
mäler der Archäologie und Kunstgeschichte herangezogen 
werden. 
2. 
Auf Grund der verschiedenen Merkmale der Urkunden 
lassen sich also die Kanzleigewohnheiten einer bestimmten 
Zeit und eines bestimmten Kreises feststellen. Die Ur 
kunden, die diesen Kanzleigewohnheiten entsprechen, be 
zeichnet bzw. bezeichnete man als kanzleigemäß. Die ältere 
Diplomatik, die von der Voraussetzung geordneter Be 
urkundungsstellen und einer ganz festen Ordnung im 
Kanzleiwesen ausging, hat daher folgerichtig Urkunden, 
die nicht in jeder Hinsicht kanzleimäßig waren, als Fäl 
schungen angesehen. Erst der neueren Urkundenforschung, 
insbesondere seit Julius von Ficker, ist es gelungen, für die 
Beurteilung auch dieser „unkanzleimäßigen“ und „unregel 
mäßigen“ Urkunden die Kriterien festzustellen. 
So finden sich also, wie bereits die ältere Forschung ge 
sehen hat und wie sich seither immer häufiger zeigt, schon 
innerhalb der Urkunden der Könige, ja sogar, wenn auch 
seltener, unter den Papsturkunden Stücke, die nicht den 
sonst üblichen Formen und Gewohnheiten der Beurkun 
dungsstelle des betreffenden Urhebers bzw. Ausstellers ent 
sprechen. Es kann sich ereignen, daß in Zeiten politischer 
oder kirchlicher Unruhen die Kanzleien der Herrscher und 
der Päpste in Unordnung geraten sind und versagen, oder 
28 ) Vgl. etwa P. M. Baumgarten, Aus Kanzlei und Kammer, 1907, 
S.VIIf.
	        
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