Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

opfernde« Kriegsbegeiste¬ 
rung der Frau neben ge¬ 
ringerer Widerstandskraft 
gegenüber der Massen¬ 
suggestion nur das unter 
Umständen ganz starke 
Mitwirken sadistisch-ero¬ 
tischer Motive. 
Auch hier aber stellt 
Sadismus nur eine Seite 
algolagnischer Trieb rich- 
tung dar, deren Kehr¬ 
seite, die masochistisch 
gefärbte, gleichzeitig mit 
jener bestehen kann. In 
der Tat deutet die faszi¬ 
nierende Wirkung der 
Uniform, von der wir 
eben gesprochen haben, 
eher auf masochistische 
Einstellung hin, was hier 
letzten Endes dasselbe be¬ 
deutet. Ausschlaggebend ist hier nur, daß dieser »nach innen gekehrte Sa¬ 
dismus« den Anstoß zur Introversion vom Soldaten und vom Symbol 
männlicher Kraft, dem »Kommißkleid«, erhält. Wenn Weininger der Frau 
die Fähigkeit der Heldenverehrung aberkennt, so widerspricht das nicht nur 
der weiter oben angeführten Ansicht Forels, sondern auch den Tatsachen, 
die im Kriege massenhaft zu beobachten waren. (Allerdings beschränkt 
Weininger den Begriff des Helden im Carlyleschen Sinne, benützt das 
Wort als Synonym für Genie.) So fordert die Verfasserin eines geradezu 
typischen Kriegsgedichts ihre Geschlechtsgenossinnen schlechthin zur 
Anbetung der im Felde stehenden Männer auf: 
»Kniet nieder, Frauen, vor den Mannen, 
Die kühn zum Kampfe ausgerückt; 
Ein Weh, wie Teufel es ersannen, 
Mit schweren Wuchten sie bedrückt9).« 
Die Absicht verrät sich hier in dem, was verschwiegen wird. Im ganzen 
Gedicht ist kein Wort über Vaterlandsverteidigung oder sonstige patrio¬ 
tische Beweggründe enthalten, auch die diesmal so naheliegende Phrase 
vom Schutz des heimischen Herdes und der daheim gelassenen Frauen 
kommt nicht vor. Der reine sekundäre Geschlechtscharakter des Mannes, die 
Kraft, der »starke Mut« und das »große Gefühl« sind es, deren Verehrung 
Die deutsche Sängerin im Spiegel der französischen Karikatur 
Zeichnung von Zyg. Brunner 
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