Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

impressionistischem Stil die TagebuchaufZeichnungen eines deutschen Sol¬ 
daten enthält. Der deutsche Soldat, allem Anscheine nach mit dem über 
die einschlägigen Verhältnisse genau unterrichteten Verfasser identisch, 
wirkt als Aufsichtsperson im Lazarett, in dieser sonderbaren Welt voller 
Frauen, die wie eine märchenhafte Insel ein schwül-erotisches Dasein führt. 
Das Haus, »eine der sehr merkwürdigen Schöpfungen dieses Krieges, wie 
sie früher nie bestanden und auch nie wieder bestehen werden«, steht in 
einer Ortschaft der französischen Etappe, L . . . . V . . . . (La Vallee?) Wir 
geben im nachstehenden eine zusammenfassende Darstellung der im 
Roman enthaltenen Angaben, soweit sie sich auf das Milieu beziehen. 
Das Lazarett besteht seit Ende 1914 und wurde von freiwilligen Kran- 
Die Eroberer und die Bevölkerung von Russisch-Polen 
Photographische Aufnahme 
kenpflegern auf Befehl der Etappeninspektion eingerichtet. Seit Anfang 
1915 steht die Anstalt unter militärischer Aufsicht. Da erst wurde das 
Haus vollständig nach außen abgeschlossen, vergittert und vernagelt und 
die regelmäßige ärztliche Behandlung eingeführt. Zwei deutsche Soldaten 
führen das Regiment, während ein dritter notwendige tägliche Ver¬ 
richtungen, wie Kehren, Waschen, Holzspalten usw. den Frauen zuweist. 
Der Betrieb erhält sich selbst: drei tripperkranke Pfleglinge kochen für 
die Insassinnen. Die deutschen Soldaten gelten als Gewaltherren, sitzen 
beim gedeckten Tisch, nehmen immer den Vortritt und lassen sich grüßen. 
Die Lazarettbewohnerinnen gehorchen ihnen, versehen persönliche 
Dienste. Die Tageseinteilung wird wie folgt beschrieben: Morgenspülung 
um acht Uhr, Zimmer- und Hausreinigung bis neun Uhr, Kaffeetrinken; 
Bereitmachung zur ärztlichen Visite, Visite gegen elf Uhr, um zwei Uhr 
Reis- oder Bohnensuppe und 250 Gramm Brot; Sonntags und Donnerstags 
Kaffee am Nachmittag, um sieben Uhr Abendessen, gegen neun Uhr 
Schlafengehen. Die Aufsichtssoldaten führen strenges Regiment, verlieben 
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