Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

Beherrschung des männ¬ 
lichen Geschlechts in irgend 
einer Form. Das ist von ein¬ 
zelnen klar denkenden und 
fühlenden Frauen sehr wohl 
erkannt worden. So erklärt 
Käthe Sturmfels die weib¬ 
liche Herrschsucht als Trieb 
nach dem Manne und seiner 
Unterdrückung. Und diese 
Herrschsucht sei die Ursache 
der Emanzipationsbewe¬ 
gung: ,Die Herrschsucht der 
Frau ist die einzige innere 
grundlegende Veranlassung 
für die Frauenbewegung. Die 
Frau will obenhin kommen. 
Sie will am liebsten die 
ganze Welt bemuttern und 
bestimmen7).6« Dies ist aller¬ 
dings psychologisch richtig, 
nur kann eben etwas, was 
ouo Dix: Mädchen psychologisch richtig ist, 
historisch falsch sein. Weder Herrschsucht oder Sadismus, noch andere 
erotische Triebfedern der weiblichen Psyche können als »Ursache der 
Emanzipationsbewegung« bezeichnet werden: sie sind nur, wie es im 
Zitat richtig heißt, Veranlassungen zur Teilnahme an der Frauen¬ 
bewegung, subjektive Triebkräfte, Illusionen, Wünsche und Leiden¬ 
schaften, durch die sich eine historisch-wirtschaftliche Notwendigkeit, in 
diesem Falle die Gleichberechtigung der Geschlechter, durchsetzt. Wenn 
auch Eberhard gemäß der antifeministischen Tendenz seines Werkes die 
Bedeutung des homosexuellen und sadistischen Motivs einzelner Teil¬ 
nehmerinnen der Frauenbewegung augenscheinlich übertreibt, ist die 
Rolle, die diese und andere erotische Triebkräfte dabei spielen, nicht zu 
übersehen, insbesonders da sich alle Vorkämpferinnen des Feminismus im 
klaren darüber waren, daß die politische Befreiung Hand in Hand mit 
einer größeren sexuellen Freiheit gehen werde. Auch daß diese angestrebte 
erotische Freiheit häufig tribadischer und sadistiscli-herrschsüchtiger Art 
sei, ist nicht abzuleugnen. Was ersteres anlangt, so ist daran ebensowenig 
zu zweifeln, wie daran, daß umgekehrt der Fortschritt des Feminismus 
und die ihm zugrundeliegende größere Teilnahme der Frau an der Pro¬ 
duktion eine Vermännlichung des zeitgemäßen Frauentypus zur Folge 
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