Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

lebens hatten. Es hatte sich die Ansicht eingebürgert, daß ein 
grundlegender Unterschied zwischen dem gemeinen Soldaten, der 
seine Pflicht gewissenhaft und mit dem Einsatz seines Lebens 
im Schützengraben erfüllte und den Seligen, die in der Etappe 
ein Schlemmerleben führen konnten, bestände. Man vergaß, daß 
es nur Glücks- und Protektionsfragen waren, auf welchem Posten man stand, 
ob man seine Haut zu Markte tragen mußte oder alle Vorteile eines mehr 
oder minder verantwortungslosen, zumindest durch moralische Bedenken 
ungetrübten Lebens genießen durfte. Einen qualitativen Unterschied 
zwischen Etappenhengsten und Frontschweinen gab es in Wirklichkeit 
nicht; der Übergang aus der einen in die andere Kategorie war möglich 
und der Charakter paßte sich spielend leicht den Bedingungen dieser 
oder jener Lebensweise an. Das bekannte Kriegsbuch »Schlump« (s. An¬ 
hang) weiß darüber manches zu sagen. So muß man denn auch das ver¬ 
breitete Lied vom Etappenschwein auf seinen wahren Wert zurückführen. 
Dieses Lied trug, wie so manche ähnliche Produkte des Kriegsgeistes, 
dazu bei, einen in Wahrheit nicht bestehenden Charakterunterschied zwi¬ 
schen Etappenschweinen und Vaterlandsverteidigern zu konstruieren. Wir 
lassen das berühmte Erzeugnis der Kriegspoesie hier folgen: 
Das Etappenschwein 
Wer läuft geleckt und gebügelt umher? 
Wem fällt das Grüßen entsetzlich schwer? 
Wer schluckt unzähl’ges Kommandogeld 
Und ist in Gesprächen Und Briefen ein Held? 
Wer stiehlt uns die besten Weine? 
— Das sind die Etappenschweine!
	        
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