kleinsten Plätze, um nur Ostrow, Mal-
kow, Wolkowiesk zu nennen, boten Ge¬
legenheit zur käuflichen Liebe in einem
die Heeresgesundheit schwer gefährden¬
den Umfang. Gegen Nordpolen zu nahm
diese Art der Prostitution erheblich ab,
wenngleich andere ihrer Formen hier
um so üppiger wucherten. Man darf
aber hierbei nie vergessen, daß es, be¬
sonders im Anfang der Besetzung, der
Hunger war, der diese Verhältnisse
zeitigte. Beim Einzug in Bialystok sagte
ein bildschönes jüdisches Mädchen zu
einem Kameraden: »Gib mir ein Stück
Brot, werd’ ich dir geben eine Braut« —
die Braut aber war sie selbst! Daß später
die gefährlichsten Erscheinungen der
käuflichen Liebe abnahmen, war nicht
etwa der Besserung der Sittlichkeit der beteiligten Kreise zuzuschreiben,
sondern der Eindämmung durch die deutsche Verwaltung, die Regle¬
mentierung und ärztliche Kontrolle organisierte. Und hier erst ergab
sich ein geschlossenes Bild von Umfang und Eigenart der damaligen
Prostitution11).
Ein eigenartiges Kapitel bildeten hier die häufigen Verhältnisse
zwischen Ostjüdinnen und deutschen oder österreichischen Soldaten. Hier
verstand die Bevölkerung deutsch, was die Annäherung natürlich be¬
trächtlich erleichterte. Daß aber die Geschlechtskrankheiten infolge des
Verkehrs mit nicht kontrollierten Frauen gerade in der Ostetappe
erschreckende Dimensionen annahmen, erhellt aus einer ganzen Reihe
von Verordnungen, die verschieden strenge Bestrafungen von geschlechts¬
krank en Frauen, die sich mit Soldaten abgaben, vorsahen. Eine Verord¬
nung der kaiserlich deutschen Zivilverwaltung für Polen links der
Weichsel vom 22. Juni 1915 bedroht Frauenspersonen, die, obwohl sie
wissen, daß sie geschlechtskrank sind, mit Männern verkehren, mit Ge¬
fängnisstrafen von zwei Monaten bis zu einem Jahr.
Bemerkenswert an dieser Verordnung ist, daß die Kenntnis der
eigenen Krankheit genügt, die Bestrafung herbeizuführen, daß die An¬
steckung des Besuchers aber dazu nicht erforderlich ist. Praktisch
genommen ist aber der Nachweis, daß Frauenspersonen sich ihrer An¬
steckungsgefahr bewußt waren, sehr schwer zu liefern. Als ein Fort¬
schritt bei dieser Verordnung ist anzuselien, daß die Strafverfolgung
von Amts wegen eintritt und nicht mehr vom Anträge des Angesteckten
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