Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

in körperlicher Beziehung nachstehen. Dies macht sich besonders in 
der ersten Zeit der Garnisonsausbildung geltend. Ich habe am eigenen 
Körper erfahren, was gerade in der ersten Zeit als Soldat für eine 
enorme Willenskraft vonnöten ist, um während der Ausbildung nicht 
schon zu versagen. Mitunter kommen wohl auch noch seelische De¬ 
mütigungen hinzu, sobald die Veranlagung bei den Kameraden oder 
Vorgesetzten gemutmaßt wird oder bekanntgeworden ist. Daß in dieser 
Hinsicht bei den Soldaten keine Rücksicht genommen wird, brauche 
ich wohl nicht besonders zu versichern. In Anbetracht aller dieser Um¬ 
stände kann man wohl die Garnisonszeit der Homosexuellen als eine 
Mehrleistung gegenüber derjenigen der Heterosexuellen bezeichnen, 
wenngleich sie ebenfalls an diese keine geringen Anforderungen stellt, 
wie sie eben durch das infolge der knappen Zeit bedingte schnelle 
Tempo der Ausbildung gegeben sind. Ich muß jedenfalls sagen, daß 
die Garnisonszeit für mich am schwersten war7). 
Im übrigen haben sich die Homosexuellen, mit Ausnahme der ausge¬ 
sprochen feminin Veranlagten, von denen noch weiter unten gesprochen 
werden soll, bewährt. Man lese die Zuschrift eines urnischen Offiziers an 
das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee: 
Ich bitte es nicht als Bramarbasierung zu betrachten, wenn ich 
Ihnen mitteile, daß ich meinen Posten als unabhängiger Komman¬ 
deur einer Armeetelegraphen-Abteilung in Frankreich, der alle An¬ 
nehmlichkeiten bot und eine wirkliche Kriegsversicherung darstellte, 
auf gab. Ich hätte mich geschämt, den Krieg mitzumachen, ohne ein 
einziges Mal mein 
Leben eingesetzt 
zu haben. Ich habe 
mich deshalb zur 
Infanterie gemel¬ 
det und nach län¬ 
gerem V erw eilen 
im Schützengraben 
mitgestürmt. Von 
Angst keme Spur. 
Ich glaube, so 
ruhig wie ich sind 
wenige in dem 
schrecklichen 
Kreuzfeuer geblie¬ 
ben. Weibisch bin 
ich also keines¬ 
falls. Soviel an 
Feldgraue Urninge bei einer Fronltlieatervorslellung 
Photographische Aufnahme 
Aus der Sammlung des Instituts für Sexualwissenschaft, Berlin 
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