Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

Leise und getragen setzte sie ein und wieder und wieder. 
Allen Soldaten schlug das Herz im Halse. Konnte so viel Süße in einer 
Frauenstimme sein? 
Barfelde lehnte nicht mehr am Baum. Er stand und krallte die Hände 
zusammen. 
Wie schön mußte dieses Weib sein! 
Er sah sie. Die traurigen Augen und den süßen roten Mund21). 
Auch Frontbesuche aus Familiengründen sind, allerdings selten, vor¬ 
gekommen. So schreibt uns ein österreichischer Offizier, daß sich im 
Jahre 1915 in einer Etappenortschaft unmittelbar hinter der Front eine 
auffallend hübsche, elegant gekleidete Dame meldete und um die Erlaub¬ 
nis bat, ihren im Feuer stehenden Gatten, einen aktiven österreichischen 
Oberleutnant, besuchen zu dürfen. Als die Dame, eine typische öster¬ 
reichische Offiziersgattin, nach den Gründen ihres überraschenden An¬ 
liegens gefragt wurde, erzählte sie dem Kommandanten freimütig, daß 
ihr zu Hause ein kleiner Unfall passiert sei: sie hätte aus überschäumen¬ 
dem Temperament einen 
Fehltritt begangen, der nicht 
ohne Folgen geblieben wäre 
und den sie nun durch ein 
Zusammentreffen mit ihrem 
Gatten zu legitimieren wün¬ 
sche. Sie erhielt die erbetene 
Erlaubnis. 
Über den Frontbesuch 
einer Französin aus der Bre¬ 
tagne gaben seinerzeit fran¬ 
zösische Blätter folgenden 
Bericht eines Soldaten aus 
dem Felde wieder: 
» . . . Man kann sich nicht 
vorstellen, wie viel Energie 
in so einer kleinen Weibs¬ 
person stecken kann. Sie ist 
aus der hintersten Bretagne 
gekommen, um ein Kind in 
die Arme ihres Mannes zu 
legen, das sie ihm nach sei¬ 
ner Abreise geboren hatte. 
Sie hatte sich geschworen, 
daß er es sehen müsse. Der 
Gratulanten zum Geburtstag des kleinen Leutnants 
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, gefällt 6ich die 
Kriegskarikatur in der Verniedlichung der Dinge 
Zeichnung von A. Aubry in »Fantasio«, 1916 
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