Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

alle Offiziere des Bataillons gefallen waren, im entscheidenden Augen¬ 
blicke die zurückweichenden Soldaten gesammelt, sie angefeuert und im 
Sturm einen feindlichen Laufgraben genommen haben. Sie starb von einer 
Kugel durchbohrt, erhielt nachträglich das Georgs-Kreuz und wurde von 
der französischen Presse als Heldin gefeiert, während die deutsche ihre 
Tat als »Verbrechen gegen das Völkerrecht« bezeichnete20). 
Sonst finden wir Frauen in der Feuerlinie und gelegentlich sogar im 
Schützengraben hauptsächlich an der Westfront. Blättermeldungen zufolge 
hörten die deutschen Soldaten hier anfangs 1915 wiederholt Tanzmusik 
Otto Dix: Verwundeter 
aus den französischen Unterständen oder aus den Ortschaften hinter der 
Feuerlinie. Auch andere Umstände sprechen dafür, daß gelegentlich Be¬ 
suche von Frauen an der Front vorkamen. So wenn der Stellungskrieg 
vorübergehend in einen Bewegungskrieg übergegangen war und sich 
Schauspielerinnen aus Paris oder anderen französischen Städten in der 
Nähe der Front auf hielten. Auf dem österreichischen Kriegstheater 
scheint dies noch öfters der Fall gewesen zu sein. Im Roman »Soldaten 
Marien« schildert der Verfasser mit grellen Farben die erotisierende 
Wirkung, die die Gegenwart einer Sängerin im russischen Schützengraben 
auf die gegenüber eingegrabenen deutschen Soldaten ausübte. 
Alle warteten sie auf das Wunder. 
Es kam spät in der Nacht. 
Da hob diese Stimme wieder zu singen an. Diese fremde Frauen¬ 
stimme drüben im russischen Graben hub wieder zu singen an. 
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