Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

dem Manne galten, waren sprichwörtlich und allen Soldaten, die die 
Etappe jemals passiert hatten, bekannt. 
Die sadistische Freude der Pflegerinnen an drastischen Sinnenreizen, 
deren der Lazarettdienst mehr als genug zu bieten hatte, macht den 
Wunsch vieler Krankenschwestern, möglichst nahe an das Feuer heran¬ 
zukommen, begreiflich. Daß es sich auch hier nicht um eine zufällige 
Erscheinung, sondern um ein Zeitsymptom handelt, geht aus der großen 
Anzahl gleichlautender Berichte hervor, die sich auf diesen Punkt be¬ 
ziehen. So schreibt Prof. Dr. Hohenegg aus Wien16): »Ein großer Teil 
der freiwilligen Pflegerinnen verlangte im weiteren Verlauf des Krieges 
an die Front . . .« 
Und auch Dr. Huot weiß über seine Pflegerinnen, die schon im Feuer 
gestanden hatten, dasselbe zu erzählen17): »Bei vielen«, sagt er, »die durch 
die ständigen Bombardements in einen oberflächlichen Erregungszustand 
versetzt wurden, verstärkte sich der Wunsch, nahe bei der Front, in den 
Sanitätsformationen der vordersten Linie Dienst zu tun . . . Ach, wie sie 
ihr Geschlecht verfluchten, das ihnen verbot, Gefahr und Ruhm an Seiten 
der Männer zu teilen, unter dem gleichen Titel wie die Männer in un¬ 
mittelbarer Nähe des Kriegsschauplatzes zu weilen.« 
Tatsächlich kam es im 
Verlaufe des Krieges wie¬ 
derholt dazu, daß Pflege¬ 
rinnen sich eine Zeitlang 
in der vordersten Feuer¬ 
linie aufhielten. So mach¬ 
ten mit der österreichi¬ 
schen Armee einzelne 
Frauen, meist ungarischer 
Herkunft, wochenlang im 
Schützengraben Dienst. 
Auch englische Kranken¬ 
pflegerinnen ließen sich 
mitunter die Kugeln um 
die Ohren pfeifen, sich 
aber mit noch größerer 
Vorliebe im weder male¬ 
rischen noch frauenhaf¬ 
ten, dafür aber um so 
zeitgemäßeren Stahlhelm 
photographieren. Ihre 
Gefährdung dürfte auf 
keinen Fall auch nur an-
	        
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