Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

arzt der österreichischen Armee und seinen Kollegen folgendes, unser 
Thema berührendes Gespräch führen: 
Der Regimentsarzt: . . . Gestern war eine Hetz im Spital! Die 
Schwester Adele hat nämlich noch immer eine kolossale Angst vor mir 
und laßt dir die Leibschüssel fallen von einem Bosniaken mit Becken¬ 
schuß. Hättest die Freud’ sehen sollen, was die andern g’habt haben. 
Das war dir ein Gekicher! No, bis ich aber dazwischen gefahren hin! 
Man muß den Weibern imponieren. Gestern war überhaupt ein Tag 
bei uns. 
Der Kollege: Bei uns is’ das auch so. Der Ehrgeiz von so einer Aristo¬ 
kratin is’ mir unverständlich. Die andern machen Wäschekammer, 
servieren und so. Die aber reißen sich förmlich um die Leibschüssel. 
Der Regimentsarzt: Ich muß gesteh’n, im Anfang hat mich das 
gereizt, so zu seh’n, wie so feine Mädeln — aber man wird auch gegen 
das abgestumpft. Ich habe nachgedacht — warum tun sie das? No ja, 
sie woll’n sich betätigen — Patriotismus und so. Wo hab’ ich nur 
gelesen, daß gerade wir Ärzte dagegen sein müßten, wegen dem Chok, 
Amor im Lazarett 
Zeichnung von G. Leonnec in »La Vie Parisienne«, 1915 
den das weibliche Ner¬ 
vensystem bekommt, und 
weil sie für die Ehe ganz 
verdorben wer’n. Prob¬ 
lem ! Meschugge wird 
man sein und sich um 
Probleme kümmern im 
Krieg5). 
In der »Liller Kriegs¬ 
zeitung« finden wir den 
Bericht über das Erlebnis 
eines Leutnants Federl, der 
von den Franzosen gefan¬ 
gengesetzt wurde6). 
»Als er«, heißt es im Be¬ 
richt, »auf einer Station 
den Abort aufzusuchen ver¬ 
langte, folgten ihm neben 
den begleitenden Soldaten 
Damen des Roten Kreuzes 
nach, die Aborttür blieb 
offen und alle diese Da¬ 
men (!) schauten ihm zu, 
wie er sein Bedürfnis er¬ 
ledigte.« 
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