Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

(Wissen Sie nicht, daß Ihr Mann im Felde ist?) Man sagt, es wäre 
Krieg, ich weiß nicht. 
Unaufzählbar sind die Folgen der zwangläufigen Enthaltsamkeit, die 
die bürgerliche Ehemoral ausnahmslos allen Kriegerf rauen auf erlegen 
wollte. Frauen, die diesem Gebote gehorchten, mußten es oft genug mit 
schweren Gesundheitsschäden bezahlen. Es treten uns hier ungefähr die 
gleichen Abstinenzfolgen entgegen wie bei den im Felde stehenden 
Männern. Hier wie dort wirkte sich die Abstinenz auf zweierlei Weise 
aus, in einer schweren Gefährdung der Gesundheit oder in einer nacli- 
herigen Zügellosigkeit des sexuellen Auslebens. Was die erste Folge an¬ 
belangt, so stellte schon Dr. Burchard fest, daß »die dysthymi sehen 
(Schwermuts-) Zustände, die bei Frauen um die Folge von Menstruation 
und Klimakterium, von Schwangerschaft wegen Bett und Laktation auf- 
treten, sich leider vermehrt zu haben scheinen«. 
Und der schon genannte Berliner Frauenarzt Hirsch bestätigt es, daß 
der Krieg für die weibliche Psyche ein Trauma von außerordentlicher 
Heftigkeit darstelle und die seelische Reaktion je nach der Widerstands¬ 
kraft des Individuums und seiner Beisteuer zu den Opfern des Krieges 
eine verschieden starke sei. 
Im übrigen führt er aus: 
Dem aufmerksamen 
Beobachter bietet sich 
Gelegenheit genug, die 
eigenartigen, oft ins 
Krankhafte übergehen¬ 
den Änderungen der 
weiblichen Psyche unter 
den Hammerschlägen des 
Krieges zu studieren. 
. . . Als Schädlichkeit für 
das Nervensystem ist . . . 
mehrfach die völlige Um¬ 
wälzung, die der Krieg 
auf sexuellem Gebiet her¬ 
vorrief, wirksam gewesen. 
Die plötzlich erzwungene 
geschlechtliche Enthalt¬ 
samkeit treibt viele 
Frauen, deren Sexualtrieb 
im Eheleben normale 
Bahnen ging, zur Selbst¬ 
befriedigung mit ihren 
Der Liebeshunger der Kriegerfrau 
Wie es einem »Herrn in den besten Jahren«, einem kriegsdienst- 
untauglichen Friedensveteranen, im Hinterland ergebt 
Aus »Muskete«, W'ien 1915 
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