das Bettgeherunwesen,
die Nachtarbeit in der
Kriegsindustrie, das Zu¬
sammenleben mit den
Kriegsgefangenen auf
Bauernhöfen usw. Ist
es auch zahlenmäßig
nicht nachweisbar, wie¬
viele in der Kriegszeit
rasch geschlossene Ehen,
aber auch wieviel schein¬
bar festgefügte Ehe¬
bündnisse durch Ehe¬
bruch zerstört worden
sind, so wirft doch die
erschreckende Häufig¬
keit der Ehelösungen
auf diese ganzen Ver¬
hältnisse ein grelles
Licht. In Wien bei¬
spielsweise hat sich die
Zahl der Ehelösungen
nach dem Kriege un¬
gefähr verdreifacht.
Die sittlichen Zustände der Zeit finden ihren Reflex auch in einer
anderen Zahlenreihe, die uns hier interessiert, den Zahlen der Kindes¬
tötung und Abtreibung. Daß diese beiden Verbrechen in der Kriegs¬
zeit häufiger geworden sind, ist kein Zweifel. Für die Kindestötung ist
dies aus der österreichischen Statistik wiederum nicht ersichtlich, doch
zeigen die deutschen Zahlen eine deutliche Steigerung gegenüber dem
Durchschnitt der Vorkriegsjahre. Der stärkere Beweis für die Richtig¬
keit unserer Behauptung liegt aber wohl in dem Hinweis auf die Ent¬
wicklung des ähnlichen Beweggründen entspringenden Abtreibungs-
Verbrechens. In Deutschland freilich sind die Verurteilungen gerade
hier in der Kriegszeit zurückgegangen, doch diese günstige Entwicklung
ist nur ein Schein, denn während im Jahre 1917 um 17.6 Prozent weni¬
ger Verurteilungen stattgefunden haben als in der Vorkriegszeit, so
zeigt dieses Jahr gleichzeitig einen Rückgang der Geburten um
52.5 Prozent. Diese Zahlen kehren das erfreuliche Bild der Abtreibungs¬
strafen in das Gegenteil, denn das Normale wäre wohl eine der Ver¬
minderung der Schwängerungen annähernd gleiche Abnahme der Ge¬
burten und Abtreibungszahlen16).
Die Beute des Schattens
Zeichnung von Zyg. Brunner in »La Vie Parisienne«
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