Volltext: Sittengeschichte des Weltkrieges I. Band (I. / 1930)

Allgemeinen Feststellungen dieser Art kommt an und für sich ein gerin¬ 
ges Maß von Evidenz zu. Und selbst wenn sie zutreffen würden, wären 
sie angesichts der abnormen Bedingungen, unter denen dieses erste Experi¬ 
ment der Ersetzung männlicher Arbeitskraft durch weibliche in größerem 
Maßstabe erfolgte, revisionsbedürftig. Mindestens ebenso viele Stimmen 
wie zuungunsten der Frau sprechen zu ihren Gunsten. So erscheint uns 
das Zeugnis einer Frau über dieses Kriegsproblem gerechter: 
... Wie viele Frauen aber sind leider körperlich und sachlich ganz 
ungeschult in die Arbeit eingetreten und da unernste, unsachliche 
Arbeit immer viel auffallender ist als die gute, die selbstverständlich 
hingenommen wird, so hat sie mehr geschadet als genützt. Wir wissen 
ja, wie leicht in einem solchen Fall geurteilt wird, die Frauen hätten 
versagt, ohne daß man dabei nach dem Grunde fragt oder danach, wie 
denn die Mobilisierung ausgesehen hätte, wenn die Männer nicht von 
Jugend an daraufhin erzogen worden wären. Bei den großen allgemeinen 
Vorbereitungen für den Kriegsfall hatte man die Frauen vollkommen 
vergessen, und daß es keine undankbarere Aufgabe gewesen wäre, bei 
ihrer Erziehung an die 
gewaltigen Krisen zu 
denken, wie sie der Krieg 
für das Volk darstellt, 
geht daraus hervor, wie 
verhältnismäßig leicht 
sich die Frau dieser 
Zeit angepaßt hat: am 
Pflug, im Haus, im 
öffentlichen Leben . . . 
. . . Hoffen wir, daß 
die Allgemeinheit aus 
den Erfahrungen dieses 
Krieges gelernt haben 
wird und daß die Erzie¬ 
hung der Mädchen des 
kommenden Geschlech¬ 
tes mehr ihre Stellung 
und ihre Aufgabe in 
der Gesamtheit in Be¬ 
tracht ziehen wird, die 
Friedenszeit uns in die¬ 
ser Hinsicht besser ge- 
rüstet finden wird als D« UrUab.™* 
der Krieg3) . Zeichnung von Louis lcart in »Fantasio«, 1917 
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