Volltext: Oberösterreich im Weltkrieg

26 Bischof Rudolph. 
ihm nicht gewährt wurde mit Rücksicht aut' seine Gesundheit. Bei jeder 
Nachtwache betete er sechs Rosenkränze und nicht selten traf man ihn bei 
einem Schwerkranken kniend im Gebet. In leutseligster Weise verkehrte er 
mit alien Kranken und tat ihnen die niedrigsten Dienste. Beim Verbinden 
der komplizierten Knochenbrüche übernahm er oft das anstrengende Halten 
der Extremitäten; auch die Kranken verlangten selbst, daß der hoch¬ 
würdigste Bischof ihnen diesen Dienst leistete, denn sie wußten gut, daß 
er sie dabei sicher und ruhig hielt. Die Anhänglichkeit der Patienten an 
den hohen Herrn war unbeschreiblich groß, denn für jeden hatte er ein 
Wort des Trostes und der Aufmunterung. Täglich verteilte der Bischof 
an die Verwundeten Mehlspeisen, Obst, Schinkensemmeln oder Bäckereien 
und nicht selten brachte er die Gaben in einer Tasche mit. Wenn ein 
Kranker im Sterben lag, war Bischof Rudolph immer bei ihm, bei manchen 
stundenlang betend. Er benetzte ihnen die trockenen Lippen, wischte ihnen 
den Todesschweiß von der Stirne und sprach ihnen Stoßgebete vor. Er¬ 
hebend war auch der Tod des barmherzigen Bruders Fr. Severin, zu welchem 
der Bischof noch spät abends kam, ihm in seiner letzten Stunde beizu¬ 
stehen.u 
Die Ueberanstrengungen und das Nachtwachen während seines 
Krankendienstes, der ein volles halbes Jahr dauerte, waren neben der 
Last des bischöflichen Amtes zweifellos die Schuld, daß der Bischof dem 
Flecktyphus, dessen Infektion er sich beim Besuch der kranken serbischen 
Kriegsgefangenen in Mauthausen zugezogen hatte, nicht mehr zu wider¬ 
stehen vermochte. Freitag den 5. März 1915, 9 Uhr 30 Minuten vormittags, 
entschlief Bischof Hittmair auch als ein Opfer des Weltkrieges, als wahrer 
Held der christlichen Caritas im Bischofhofe zu Linz. 
Bevor wir von Bischof Rudolph Abschied nehmen, möchten wir hier 
noch das ehrenvolle kaiserliche Handschreiben zitieren, das die „Wiener 
Zeitung“ am 5. April 1915 veröffentlichte: 
Um das Andenken an das Vorbild apostolischen Wirkens des in aufopferungs¬ 
voller Erfüllung der Pflichten seines erhabenen Amtes dahingeschiedenen Bischof Doktor 
Rudolph Hittmair an der Stätte seines Wirkens im Gedächtnisse der Zeitgenossen fest¬ 
zuhalten und als ruhmvolles Beispiel künftigen Geschlechtern zu übermitteln, finde Ich 
Mich bestimmt, die Errichtung eines Denkmals dieses seeleneifrigen Oberhirten im Dome 
zu Linz anzuordnen. Ich weise Sie an. wegen Erteilung des bezüglichen staatlichen 
Kunstauftrages das Erforderliche zu veranlassen. 
Für immerwährende Zeiten wird über Wunsch des nun auch heim- 
gegangenen Kaisers, dem Bischof der Liebe, dem Liebling der Soldaten, 
Rudolph Hittmair ein Denkmal im neuen Dom zu Linz geweiht sein, wo 
er seiner Auferstehung entgegenschlummert. 
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