Volltext: Oberösterreich im Weltkrieg

Oberösterreicher in Kriegsgefangenschaft. 
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Ein Mühlviertler als Arbeiter am Gute eines russischen Fürsten. 
Rudolf Höllinger aus St. Johann a. W. schreibt: „Am 1. Juli 1916 wurde ich bei 
einem Sturmangriffe gefangen, mußte dann 13 Tage bis zur Bahn marschieren. Ich kam 
dann bis Kijew und nach Poltawa in Kleinrußland. Dann kamen wir unser acht Mann auf 
Ir® ™0™°mie ?Uky deS Fürsten Kocubej, 1/2 Stunde von Poltawa. Daselbst waren schon 
bei 70 Mann, lauter Tschechen; wir acht Mann waren die ersten Deutschen, die hieher 
kamen. Wir arbeiten bei der Dreschmaschine. Auf den Feldern stehen zwei Dreschmaschinen. 
Ungeheuer große Felder. Das meiste ist Hafer, Weizen und Korn. Frühmorgens stehen wir 
aut, machen schnell Tee, dann gehen wir unser 40 Mann in den Stall und nehmen uns 
jeder ein paar Pferde und reiten dann schnell zu der oft eine Stunde entfernten Maschine, 
um derselben Getreide zuzuführen; das geht sehr schnell. Jede Maschine drischt an einem 
Tage eine große Fläche ab. Gegen 8 Uhr kommt ein Fuhrwerk mit dem Frühstücke, Linsen¬ 
suppe und Brot. Von 12 bis 2 Uhr Mittagpause. Dann geht es wieder los bis Sonnenunter¬ 
gang- Dann wird ausgespannt und scharf heimgeritten; bis man heimkommt, ist finstere 
Nacht. Sonn- und Feiertage ist Ruhe. Dieser Meierhof ist sehr groß. Es sind hier zirka 
250 Pferde, dann bei 50 Fohlen, etwa 70 Paare Ochsen, 50 Kühe und riesig viele Maschinen. 
Da spielt sich alles im großen ab. Der Fürst soll sechs solche Meiereien haben. Das Schloß 
ist 3 /2 Stunden entfernt. Für uns «Deutsche ist es schlecht, daß wir nicht Russisch können. 
Heute bekam ich meinen ersten Monatslohn, sieben Rubel, dann extra zwei Rubel Teegeld. 
Bei der Arbeit vergeht einem doch die Zeit schnell. . . Schließlich wird es doch einmal heißen: 
auf, nach Hause! O, welch ein Jubel wird das werden, zurück in das liebe Mühlviertel, in die 
Heimat, wo es so gute Erdäpfelnudeln gibt. Da müßt Ihr mir gleich mit einer Sehüssel voll 
aufwarten. Ihr könnt versichert sein, daß ich die ganze Rein voll zusammenesse. . . Ich 
sage Euch es offen und ehrlich, diese Lebensprüfung schadet mir gar nicht. Wie oft habe 
ich darüber gelacht, wenn mir die liebe, gute Großmutter etwas gut gemeint hat. Wie oft 
war mir das Essen zu schlecht und sie sagte, du wirst noch einmal froh werden, wenn du 
ein Stück Brot bekommst. Ja, wahr ist es, vor der Tür armer Leute habe ich gebettelt um 
ein Stückchen Brot “ 
Man sieht, in der Kriegsgefangenschaft lernen auch viele, denen zu Hause nichts 
mehr gut genug war, wieder die Kunst der Zufriedenheit und des Sich-Bescheidens in 
schlichte Verhältnisse. 
Kriegsgefangene in Rußland, darunter mehrere Linzer. 
Ein poetischer Gruß in die Heimat 
aus russischer Gefangenschaft. Ludwig Katerl in Gampern sandte an Familie Habring 
aus Omsk folgendes Gedicht: Traute Heimat meiner Lieben, — Ach, wie liegst du doch 
so weit! — Doch das soll mich nicht betrüben, — Einst wird man befreit vom Leid. — 
Wenn der Friede, der ersehnte — Wieder in die Lande zieht, — Dann kehrt auch der 
Kriegsgefangene — Heim mit fröhlichem Gemüt. —• Drauf grüß’ ich Euch mit Herz und 
Hand, — Auf Wiedersehn im Vaterland!
	        
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