Erziehungsanstalt „Zum guten Hirten“, Linz.
j \ der grausige Kampf im August 1914 die tapferen Söhne Oesterreichs
£ ^ zusammenrief und diese in so großen Scharen kamen, daß man nicht
:— wußte, wo man sie über Nacht beherbergen sollte, da baten unsere
Zöglinge den hochw. Herrn Direktor, doch auch in unser Haus Reservisten auf¬
zunehmen. Dieser erfüllte gern die Bitte der kleinen Patrioten. Freudig räumten
sie den Turn- und Speisesaal und begnügten sich mit dem sehr beschränkten
Raum des Festsaales. Als aber nach einigen Tagen Einquartierung war, da
drängte es unsere Kinder, unseren Helden in ganz besonderer Weise ihre be¬
geisterte Vaterlandsliebe zu zeigen. Mit erbetener Erlaubnis brachten sie ihre
eigenen Strohsäcke und Polster für die Soldaten herbei und schliefen
selbst auf bloßen Brettern. Mancher Knabe und manches Mädchen über¬
gaben ihre kleinen Ersparnisse heimlich dem hochw. Herrn Direktor mit der
Bitte, dieselben armen Soldaten zu schenken. Das ist für sie kein geringes
Opfer, da ja unsere Kinder arm sind und in ihren Augen jede, auch die kleinste
Münze ein Vermögen bedeutet! Mit großem Interesse verfolgen sie den Verlauf
des blutigen Krieges, begrüßen jeden Sieg unserer Heldensöhne mit hellem
Jubel und bedauern jedes Mißgeschick derselben. Mit unermüdlichem Eifer
zupfen die kleinen Finger Scharpie und verfertigen kleine Polster für unsere
armen Verwundeten. Große Freude macht es ihnen, wenn ehemalige Zöglinge,
von denen sich mehrere schon Auszeichnungen erworben haben, vom Schlacht¬
felde zurückkommen und ihnen ihre Erlebnisse erzählen. Die Opferwilligkeit
der Kinder zeigt sich aber auch besonders darin, daß sie bis zur Stunde mutig
die Entbehrungen tragen, welche die Lebensmittelnot und die furchtbare Teuerung
mit sich bringen; sie sind selbst jetzt, wo die Stücklein Brot winzig klein ge¬
worden, ja an manchen Tagen ganz ausbleiben, mit Freuden bereit, dieses mit
armen Soldaten zu teilen. Mit staunenswerter Ausdauer bestürmen die Kinder
täglich mit innigem Gebete für unser Kaiserhaus und die tapferen Soldaten
den obersten Kriegsherrn. Dem Anstaltsdirektor Josef Tischberger wurde
für seine Verdienste um das Rote Kreuz das Ehrenzeichen II. Kl. vom Roten
Kreuz verliehen.
Die beiden Linzer Blindenanstalten«
Im Schul] ahr 1914/15 wurden vom Lehrpersonale und von den Schülern
642 K an die Kath. Frauen-Organisation und an das k. k. Kriegsfürsorgeamt
in Linz abgeliefert. Von den Mädchen beider Anstalten wurden 15 Leibchen,
22 Schneehauben, 1 Beinkleid mit Leibchen, 36 Fäustlinge, 67 Paar Socken,
20 Paar Stützel, 21 Paar Kniewärmer, 4 Paar Leibwärmer, 9 Paar Handschuhe,
2 Paar Gamaschen gearbeitet, 7 kg Wundfäden von den Knaben und den
Mädchen gezupft und den Soldaten auf den Marsch und in die Spitäler ge-