Volltext: Das Lustschloß Schönbrunn [7]

französischer Bauentwürfe. Noch sind italienische Erinnerungen vorhanden: 
das Rustikaerdgeschoß, der mächtige Zentralraum im Mitteltrakt, die 
flachen Dächer mit Ballustraden-- und Statuenschmuck. Aber Pacassi, der 
dem Fischerschen Plan manches von seiner imposanten Größe, von seiner 
ruhigen Klarheit genommen hat — er hat aus einem mächtigen Residenz- 
schloß ein prunkvolles Landhaus gemacht, ein Eindruck, der durch die 
Farbenwirkung (gelbe Färbelung und grüne Jalousien) verstärkt wird — 
hat bei der Neugestaltung des Schlosses auch diese Residuen transalpiner 
Kunst durch französische Lösungen ersetzt. Das Rustikageschoß blieb un¬ 
ausgeführt, der Mittelsaal wurde in eine französische Doppelgalerie, die 
flachen Dächer in steile gewandelt. 
Zu der kühlen Sachlichkeit der Außengliederung steht die Innen- 
ausschmückung in grellem Gegensatz. Auch diese Diskrepanz findet in 
französischen Schloßbauten ihre Vorläufer. Im Äußern erscheint ein 
deutlicher Vorstoß klassizistischer Tendenzen, das Innere zeigt die un¬ 
eingeschränkte Herrschaft des Rokoko. Während die Tektonik des Baues 
im Äußern durch Halbsäulen und Pilasterstellungen übersichtlich zum 
Ausdruck gebracht erscheint, verschwindet im Innern die tektonische 
Struktur der Wände, ihre geometrische Grundform unter Boiserien und 
Stuckverzierungen, die mit reich geschwungenem Rahmen- und Blattwerk, 
mit Rocaille- und Muschelornamenten, mit Kartuschen und Blumen¬ 
guirlanden die Zweckform verhüllen, auflösen, in Bewegung setzen. In 
weichen Kurven schließen sich die Decken an die Wände, vergoldete Leisten, 
reiche Wellenbordüren, prunkvolle Rocaillekartuschen vermitteln den 
Übergang. Wie die Fassade mit Los und Garten eine Einheit bildet, 
so ist auch im Innern jeder einzelne Raum in Form und Farbe der Möbel 
und Wandbespannung, in Ofen und Beleuchtungskörpern, in allen dekora¬ 
tiven Einzelheiten zu einem harmonischen Ganzen abgestimmt. 
Auch die graziöse Raumgestaltungskunst des mariatheresianischen 
Rokoko stand unter dem Banne der französischen Hofkunst. Ihr ent¬ 
stammen viele Schmuckmotive, der bizarre Geschmack an Chinoiserien, 
die Rahmeneinteilung der Wände, das überwuchern des Ornaments und 
dessen Formen. Hier mag der Dekorationsstil Germain Boffrands, eines 
Schülers von Mansard, der im Lote! de Soubise zu Paris und in seinen 
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