Volltext: Die Gletscher der Ostalpen

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Ermittelung der Schneelinie durch Grenzwerte. 
Wenn also Sonklar (Hohe Tauern, § 429) die Höhe der Schnee 
linie in der Weise bestimmt, dass er das Mittel aus mehreren Beob 
achtungen der Firnlinie um 200 m erhöht, so kann ich diese Rechnung 
nicht annehmen. Denn erstens sind die acht Beobachtungen der Firn 
linie aus dem Oetzthal und die sieben aus den Tauern als zufällig auf 
gegriffene Notizen momentaner Zustände wertlos und unzureichend, und 
ebenso ist das angebliche konstante Verhältnis wenigstens auf diese 
Weise nicht vorhanden. Es ist übrigens ganz bezeichnend, dass ein 
so fleissiger Beobachter wie Sonklar von allen seinen Wanderungen nicht 
mehr als fünfzehn Beobachtungen über die Höhe der Firnlinie heim 
bringen konnte. 
Ratzel hat (Leopoldina 1. c.) vorgeschlagen, den Ausdruck „Firn 
linie“ als schärferen und logischeren an die Stelle des schwankenden 
„Schneelinie“ für alle Erscheinungen dauernder Schneeanhäufungen zu 
gebrauchen. So sehr ich seine Gründe anerkennen muss, so konnte ich 
mich doch nicht entschliessen, seinem Beispiele zu folgen, und zwar 
deshalb, weil ich finde, dass in der Litteratur das Wort Firnlinie 
meistens im Sinne Hugis oder doch Heims gebraucht wird, also stets 
auf den unmittelbaren Zustand der Oberfläche der Firnfelder — ob 
schneebedeckt oder eisig — bezogen wird, während das Wort Schnee 
linie mehr im allgemeinen Sinne der „klimatischen Schneegrenze“ 
verwendet zu werden pflegt. 
4. Ermittelung der Schneelinie durch Grenzwerte. 
Die Methode, durch Beobachtung kleiner Gletscher die Höhe der 
Schneelinie zu ermitteln, hat Brückner in den mehrgenannten Aufsätzen 
ausführlich besprochen und dieselbe auch angewendet. Es handelt sich 
dabei hauptsächlich um solche Firnsammlungen, welche gerade noch 
nahe der unteren Grenze der dauernden Schneebedeckung sich erhalten. 
Dass sie sich nahe dieser Grenze befinden, wird festgestellt, indem 
man sie mit Gebirgsteilen von nur wenig geringerer Höhe vergleicht, 
welche nicht mehr vergletschert sind. Die Untersuchung der eben 
noch und der eben nicht mehr vergletscherten Gebiete geht also 
Hand in Hand. 
Diese Methode hat auch mir, nach mancherlei anderen Versuchen,, 
die verlässlichsten und glaubwürdigsten Ergebnisse geliefert und ist in 
den nachfolgenden Blättern vorwiegend angewendet worden. Deshalb 
ist es wohl am Platze, sie hier etwas ausführlicher zu besprechen; 
ausserdem erscheint mir auch wünschenswert, die Unterschiede meiner 
Auffassung und Anwendung gegenüber der Brückners, mit dem ich zwar 
im Prinzip, nicht aber in allen Einzelheiten übereinstimme, darzulegen. 
Brückner drückt die Sache folgendermassen aus: Ueberall, wo 
wir einen Gletscher in freier Lage (also abgesehen von Eismassen, welche 
in Schluchten liegen, u. dergl.) auf dem Gehänge eines Berges antreffen,, 
müssen wir schliessen, dass Teile seiner Umgebung in das Reich des 
ewigen Schnees emporreichen. Hieraus folgt, dass die Lage der Schnee 
linie tiefer ist, als die Höhe der den Gletscher umgebenden Gipfel; es
	        
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