Volltext: Die Gletscher der Ostalpen

Goldberggletscher. 
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Denn während vor etwa 30 Jahren der Bestand des Berghauses durch 
den Gletscher gefährdet erschien, der seine Moräne bis nahe an das 
Haus schob und mit seiner aufgewölbten Eismasse fast die Höhe des 
selben erreicht haben muss, hat man jetzt mehrere hundert Schritte 
zurückzulegen, um auf das viel tiefer liegende Eis zu gelangen. Ueber 
frühere Stadien des Rückzuges oder Vorschreitens sind wir trotz der 
seit mehr als 400 Jahren dauernden Befahrung des Bergwerkes nicht 
unterrichtet. In indirekter Weise hat Poschepny aus dem sogenannten 
Waldnerschen Zugbuche, einer Bergbauvermessung von 1570, ent 
nehmen wollen, dass im 16. Jahrhundert der Eisstand wenigstens um 
60 m geringer gewesen sein muss als 1875; doch scheint mir die 
Erklärung der betreffenden Stelle nicht zweifellos genug, um sichere 
Folgerungen daraus ziehen zu können. Es gab nämlich damals einen 
Bartholomäusstollen, der folgendermassen beschrieben wird: 150 m lang 
sei der Schneekragen (das ist der Schutzb^u des Stollenmundloches, eine 
aus Holz gezimmerte oberirdische Fortsetzung des Stollens); dann kommt 
eine Thür, dann nach weiteren 14 m „hat’s durch den Kees ein Haspel 
über sich gehabt“, nach 26 m folgt das Mundloch. Poschepny fasst 
das so auf, dass der Schneekragen auf dem Gletscher sich befunden 
habe, dann sei ein 26 m tiefer Schacht mit Haspel durch das Eis 
auf den Gletschergrund gegangen, und dort sei das Stollenmundloch 
gewesen. Die Sturzhalde sei ebenfalls auf dem Eis abgelagert worden, 
noch jetzt sehe man Spuren davon. Selbstverständlicherweise sei das 
Ganze nicht ursprünglich so angelegt worden, sondern als der Stollen 
aufgeschlagen wurde, wäre alles eisfrei gewesen, und erst als das Eis 
wuchs, habe man sich in der angegebenen Weise zu helfen gesucht, 
schliesslich aber den Betrieb einstellen müssen. Doch scheint weder 
die Auffassung des Wortlautes zweifellos, noch das Ganze in dieser 
Weise vorstellbar. Auch der trägste Gletscher bewegt sich zu schnell, 
um einen 150 m langen Holzbau auch nur mehrere Monate lang un- 
verschoben und unzerstört zu tragen, und vollends ein Förderschacht 
mit maschinellen Vorrichtungen würde schon in wenigen Tagen un 
fahrbar werden. Für jemand, der mit der alten und neuen bergmän 
nischen Terminologie nicht innig vertraut ist-, ist es schwer, in die 
Erklärung eines solchen Textes sich einzulassen; unter allen Umständen 
wird ein Fragezeichen gestattet sein. 
Im Jahre 1867 war der Gletscher schon sehr verkleinert, von 
1850 bis 1866 soll er um 30 m an Dicke abgenommen haben. 
Allerdings deutet manches darauf hin, dass es'eine Zeit sehr 
niedrigen Firnstandes gegeben haben muss, eines niedrigeren als der 
gegenwärtige. So finden sich am Ostgrat des Hohen Sonnblick noch 
jetzt die Spuren eines Bergbaues; die Hauswände sind erhalten, das 
Stollenmundloch aber verkeest (Meteorolog. Zsch. 1887, S. 41)., 
Die Schneide, welche Herzog Ernst und Schareck verbindet, 
ist von einem dicken Firnlager bedeckt, welches gegen Nord oberhalb 
einer 400 m hohen "Wand abbricht, an deren Fuss ein regenerierter Glet 
scher entsteht. Beide zusammen messen 111 ha, eine allerdings etwas 
unsichere Bestimmung, da wieder die anlagernden Schneefelder in der 
O.A. schwer abzutrennen sind. Bei Sonklar Sieglitzgletscher. 
Richter, Die Gletscher der Ostalpen. 17
	        
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