Volltext: Die Gletscher der Ostalpen

Gurglerferner. 
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damals zum erstenmal entstanden sei; ja selbst die Stelle bei Wal- 
eher (S. 52) lässt sich nur bei flüchtiger Lesung in dieser Weise miss 
verstehen. Walcher sagt nämlich: „Den Anfang dieses Sees verursachte 
der grosse Oetzthalerferner, welcher sich zwischen dem Kübele- und 
Schwarzeberg immer weiter verbreitet, das Gurglerthal bis auf die 
Almen herab nach und nach angefüllt, mithin das Langthal verschlossen 
und also gemacht hat, dass die aus diesem Thale herausfliessenden 
Bäche zu einem See anwachsen mussten. Dieser See, welcher den 
Einwohnern des Thaies zu verschiedenen Zeiten eine Ursache 
billiger Furcht war, hatte in dem gegenwärtigen (18.) Jahrhundert 
viele Veränderungen. Im späten Herbst des Jahres 1716 sammelte 
sich das Wasser in solcher Menge, dass in dem darauffolgenden Früh 
jahr die Länge des Sees über 1000, die Breite über 500 Schritte be 
trug u. s. w.“ Daraus ist doch ganz deutlich zu entnehmen, dass der 
See schon vor 1716 bestanden und in diesem Jahre nur eine ausser - 
gewöhnliche Grösse gewonnen hat. 
Stotter, dem dasselbe Quellenmaterial vorlag, als Sonklar und 
mir, fasst die Sache ebenso auf wie ich, da er S. 25 bemerkt: „Der 
See besteht, solange historische Nachrichten hinaufreichen.“ In den 
Jahren 1716 und 1717 wurde die Bevölkerung nur durch die unge 
wöhnlichen Dimensionen, welche der See annahm, erschreckt, noch 
mehr 1718. Man veranstaltete zur Abwendung des drohenden Unheils 
eine Prozession von Sölden zum Ferner, und am. Steinernen Tisch, 
einer Felsplatte am rechten Gletscherufer,. 2900 m hoch, wurde eine 
Messe celebriert. Jetzt noch liest man die eingehauene Jahreszahl 1718. 
Aber stets lief der See ohne Schaden ab, teils unter dem Gletscher, 
mehrere Male auch, indem er einfach überfloss, das ablaufende Wasser 
aber sein Rinnsal immer mehr vertiefte. Weitere Nachrichten über 
bedrohliche Seestände liegen uns charakteristischerweise nur aus solchen 
Perioden vor, da eben der Vernagt sehr gross war, so von 1770; man 
sieht, die Bevölkerung war durch den Rofener See und dessen bekannte 
Verheerungen ängstlich gemacht. 
Die jetzige Rückgangsperiode hat den Gurglerferner weniger 
angegriffen als irgend einen anderen mir bekannten Gletscher, den 
Hochjochferner ausgenommen. Weder das Einsinken ist beträchtlich, 
noch der Rückgang in der Ebene; letzterer beträgt nach meiner 
Schätzung etwa 150 m. Den Grund glaube ich darin sehen zu dürfen, 
dass bei der grossen Ablationsfläche der hochgelegenen Zunge die Ver 
minderung sich auf eine viel grössere Fläche verteilt. 
Sonklar hat vom 21. bis 26. August 1856 Beobachtungen über 
die Geschwindigkeit der Eisbewegung gemacht, deren Resultate, auf 
den Tag berechnet, hier folgen: 
Pflock 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 
Mm 59 98 178 246 317 389 625 677 771 619 358 196 
Der Pflock Nr. 9 mit 281 m auf das Jahr würde eine der schnellsten 
Bewegungen ergeben, welche noch beobachtet worden sind, was zu 
dem Typus, vor allem der geringen Neigung, nicht recht stimmt. 
Langthalerferner. Ein stattlicher Thalgletscher, von dem 
Gurglerferner nur durch den schmalen Felsrücken des Schwärzenberges
	        
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