Volltext: Die Gletscher der Ostalpen

Geschichte des Vernagtgletschers. 
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Prüfen wir zunächst das Verhältnis der Hauslabschen Aufnahme 
und der O.A., so finden wir, dass die Entfernung von den Hinteren 
Grasein bis zur Mündung des Vernagtbaches in die Rofenthaler 
Ache nach jener 2650, nach dieser 2850 m misst; der Fehler in der 
Situation beträgt also 8,5 °/o , die Terrainzeichnung aber stimmt in 
durchaus befriedigender Weise, der Unterschied liegt fast nur darin, 
dass in der älteren Aufnahme die Steilheiten stärker hervorgehoben 
sind als in der neueren, was aber durchaus dem Stande der Technik 
vor Einführung der Höhenschichtenlinien entspricht. 
In der Hauslabschen Aufnahme liegt nun das Gletscherende genau 
in der Mitte zwischen dem Endpunkt des dreieckigen bewachsenen 
Fleckes an den Hinteren Grasein und der Mündung des Vernagtbaches 
in die Rofenthaler Ache. Uebertragen wir dieses Verhältnis auf die 
O.A., so finden wir, dass das Gletscherende damals 503 m weiter vorwärts 
lag als 1883, aber 275 m hinter dem Stande vom 13. November 1843 
(der ersten Messung in der damaligen Vorstossperiode) sich befand. 
Der Gletscher war also von mässiger Länge, er war um fast 1600 m 
kürzer als in den Vorstossperioden von 1779 und 1845 und befand 
sich in einem dem gegenwärtigen ähnlichen Zustand. Doch scheint die 
Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass er bereits im Wachsen begriffen 
war. Wir wissen, dass er 1820 bis 1822 die Aufmerksamkeit der Thal 
bewohner auf sich gezogen hat, da er sich dem Rofenthale bedenklich 
näherte. Musste er, damit auch nur von einer „bedenklichen An 
näherung“ die Rede sein konnte, über den Stand von 1817 etwa noch um 
1000 m hinauswachsen, so wird aus Hauslabs Zeichnung doch ersicht 
lich, dass die Breite der Zunge bereits sehr bedeutend war. Sie be 
trug auf einer Linie halbwegs zwischen dem Ende und Hintergraseln 
gemessen 950 m, während sie an derselben Stelle 1883 nur 325 m 
mass. Auch sind keine Andeutungen freiliegender, vom Gletscher nicht 
erreichter Seitenmoränen zu bemerken. Ferner sieht man deutlich, dass 
der Vernagtzufluss damals der stärkere war und den Guslarferner viel 
mehr zur Seite gedrängt hat, als es gegenwärtig der Fall ist, was 
auch mit den Nachrichten über den Vorstoss von 1820 bis 1822 über 
einstimmt (Sonklar S. 153). 
Endlich erhellt aus der Hauslabschen Karte, dass zwischen dem 
Vorstoss von 1770 bis 1780 und dem von 1820 ein Rückgang statt 
gefunden haben muss, welcher dem jetzigen wenig nachsteht. 
Abermals im Jahre 1840 bemerkte der Rofener Bauer Nikodem 
Klotz, dass der Guslarferner an Höhe und Zerklüftung zunehme. 
Bald darauf folgte auch der Hochvernagt, aber — bezeichnender 
weise — machte sich die Veränderung noch nicht an den Zungen, 
sondern nur in den Firnfeldern bemerkbar 1 ). Schon im Jahre 1842 
verbreitete sich das Aufblähen des Guslarferners bis an sein unteres 
Ende, der Schutt (die Mittelmoräne) an der Verbindungsstelle beider 
9 „Mit 1836 beginnen die Jahre mit abnorm starkem Niederschlag immer 
häufiger aufzutreten und dominieren von 1843 bis 1851 in einer sehr ausgesprochenen 
Weise, so dass diese neun Jahre hindurch die Niederschlagsmenge durchschnittlich 
um 17,8 °/o über dem Mittel war und kein einziges trockenes oder auch nur nor 
males Jahr diese nasse Periode unterbrach.“ Richter, Zsch. AV., 1883, S. 78.
	        
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