Volltext: Österreich-Ungarns Neubau unter Kaiser Franz Joseph I.

Revolution 
Tagen einberufen werden. Die Länder mit ihren 
Landtagen — sie heißen „Provinzialstände“ — 
hatten als gesetzgebende Faktoren fast alle Geltung 
eingebüßt. 
Man hätte sich mit der recht annehmbaren 
Verfassung begnügen können. Aber der Wiener 
Radikalismus, sich selbst in Forderungen über— 
bietend, verwarf sie, weil sie zwei Kammern statt 
einer festsetzte, weil sie der Kaiser gegeben, anstatt 
eine konstituierende Volksvertretung sie beschlossen 
hatte, weil der Monarch ein unbeschränktes Er— 
nennungsrecht für das Oberhaus haben sollte, 
weil die Wahlen in die zweite Kammer indirekte 
waren und das Wahlrecht kein allgemeines war. 
So steigerten sich diese Osterreicher in ihren poli— 
tischen Ansprüchen, die, bisher gegängelt und be— 
vormundet, vor wenig Wochen noch eine solche 
Konstitution, wie sie sie jetzt verwarfen, gar nicht 
für erreichbar gehalten hätten — „Trunkenheit“ 
1 Für die weiteren Bestimmungen dieser und der später 
zu erwähnenden Konstitutionen vergleiche man Bernatzik, 
„Die österreichischen Verfassungsgesetze“, 2. Auflage. UÜber die 
Anfänge der österreichischen Verfassungsgeschichte: Hugel— 
mann, „Studien zum österreichischen Verfassungsrechte“ 
I. (1886) und dessen „Historisch⸗politische Studien“ (1915) 
neben Friedjungs „Osterreich von 1848 bis 1860“ J. 
(1908). Das interessante Problem des Anteils der alten 
Stände an der Neuordnung des Staates bedürfte einer 
besonderen Untersuchung. 
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