Revolution
Tagen einberufen werden. Die Länder mit ihren
Landtagen — sie heißen „Provinzialstände“ —
hatten als gesetzgebende Faktoren fast alle Geltung
eingebüßt.
Man hätte sich mit der recht annehmbaren
Verfassung begnügen können. Aber der Wiener
Radikalismus, sich selbst in Forderungen über—
bietend, verwarf sie, weil sie zwei Kammern statt
einer festsetzte, weil sie der Kaiser gegeben, anstatt
eine konstituierende Volksvertretung sie beschlossen
hatte, weil der Monarch ein unbeschränktes Er—
nennungsrecht für das Oberhaus haben sollte,
weil die Wahlen in die zweite Kammer indirekte
waren und das Wahlrecht kein allgemeines war.
So steigerten sich diese Osterreicher in ihren poli—
tischen Ansprüchen, die, bisher gegängelt und be—
vormundet, vor wenig Wochen noch eine solche
Konstitution, wie sie sie jetzt verwarfen, gar nicht
für erreichbar gehalten hätten — „Trunkenheit“
1 Für die weiteren Bestimmungen dieser und der später
zu erwähnenden Konstitutionen vergleiche man Bernatzik,
„Die österreichischen Verfassungsgesetze“, 2. Auflage. UÜber die
Anfänge der österreichischen Verfassungsgeschichte: Hugel—
mann, „Studien zum österreichischen Verfassungsrechte“
I. (1886) und dessen „Historisch⸗politische Studien“ (1915)
neben Friedjungs „Osterreich von 1848 bis 1860“ J.
(1908). Das interessante Problem des Anteils der alten
Stände an der Neuordnung des Staates bedürfte einer
besonderen Untersuchung.
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