Volltext: Aschach, Eferding, Waizenkirchen und Umgebung

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Stellung des Volksschulwesens zum Staate eine ganz andere Ueber- 
zeugung Platz gegriffen. Als nämlich die Geistlichen in Kärnten 
einen kaiserlichen Erlaß vom Jahre 1767 dahin verstehen wollten, 
daß die Schulmeister als solche einzig den geistlichen Vorstehern 
unterständen und von ihnen abhingen, da erfloß unterm 28. Sep¬ 
tember 1770 jene denkwürdige kaiserliche Entschließung, worin 
es unter anderem hieß: „Meine Intention war und ist, daß Meßner 
und Schulmeister, wenn sie in einer Person bestehen, in den 
Kirchen- und den Dienstverrichtungen des ersteren, das ist des 
Meßners, bloß von der Geistlichkeit abhangen und derselben mit 
Parition angewiesen werden sollen: Das Schidwesen ist und bleibet 
allezeit ein Politikum; folglich kann solcher, welcher zugleich 
Meßner und Schulmeister ist, von der Geistlichkeit nicht allein 
aufgenommen und abgedanket werden. Dahingegen, wenn der 
Meßnerdienst und jener des Schulmeisters abgesondert ist, hanget 
jener allein von der Geistlichkeit, wie dieser von der weltlichen 
Obrigkeit ab." 
Zur Reformierung des Volksschulunterrichtes berief die 
Kaiserin den Abt von Sagan in Preußisch-Schlesien, Johann Ignaz 
von Felbiger nach Wien, welcher im Jahre 1775 mit Genehmigung 
der Kaiserin eine allgemeine Schulordnung erließ. Nach dieser 
gliederte sich die Volksschule 1. in die mit Lehrerbildungsanstalten 
verbundenen Normalschulen, welche in den Hauptstädten der Pro¬ 
vinzen waren; 2. in die Hauptschulen, welche in den größeren 
Städten und auch in Klöstern waren und 3. in die Trivial- oder 
Elementarschulen auf dem Flachlande. 
Der Reformator des österreichischen Volksschulwesens ver¬ 
dient es wahrhaft, daß wir ihm ein Gedenkblatt widmen.1) Johann 
Ignaz von Felbiger wurde am 6. Jänner 1724 in Breslau geboren, 
wo sein Vater kaiserlicher Postmeister war. Er trat in das regulierte 
Chorherrenstift zu „Unserer lieben Frau" in Sagan und wurde im 
Jahre 1746 eingekleidet. Seine freie Zeit füllte er mit eifriger 
Lektüre geistlicher und weltlicher Schriften alter und neuer Zeit 
aus. Von seinen Ordensbrüdern vorgeschlagen und von dem neuen 
Landesherrn Friedrich IL bestätigt, wurde Felbiger am 13. No¬ 
vember 1758 als Abt des Stiftes Sagan installiert. Als solcher 
erwarb er sich die größten Verdienste um sein Stift und den 
materiellen Wohlstand der Stiftsuntertanen; am hervorragendsten 
war aber seine Tätigkeit für- Hebung der Religiosität und Bildung 
des Volkes. Felbiger besuchte nicht nur im Jahre 1762 persönlich 
die dazumal berühmte Realschule in Berlin, sondern er sandte 
im Jahre darauf auch zwei Lehrer auf elf Monate dahin, denn 
er hatte die richtige Ueberzeugung, daß alle Schulreform von dem 
Vorhandensein tüchtiger Lehrkräfte bedingt sei. Seinem Einfluß 
war es auch zu danken, daß im Jahre 1764 in Breslau ein könig¬ 
liches Schulmeister-Seminar gegründet wurde. Er selbst errichtete 
in Sagan eine Lehrer-Vorbereitungsanstalt, die bald von allen 
Seiten (auch aus Oesterreich) besucht wurde. Abt Felbiger be¬ 
reiste selbst die Grafschaft Glatz, um sich von dem Zustand der 
katholischen Schulen zu überzeugen und hatte die Freude, in dem 
J) Entnommen dem in der vorigen Fußnote genannten Werke.
	        
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