Volltext: Vom Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin bis zum Bekanntwerden der russischen allgemeinen Mobilmachung (2 / 1919)

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Nr. 338 
Der Botschafter in Petersburg an das Auswärtige Amt1 
Telegramm 177 St. Petersburg, den 28. Juli 19141 2 
Sasonow versuchte heute, mich davon zu überzeugen, daß 
Serbiens Antwortnote tatsächlich alles enthalte, was Österreich von 
Serbien verlangen könne. Wenn daher Österreich die Note als 
unbefriedigend erkläre, so beweise es, daß es Krieg unter allen Um¬ 
ständen wolle. Ich lehnte Diskussion über Note freundlich, aber 
entschieden ab, unter Hinweis auf bekannten deutschen Stand¬ 
punkt, daß Angelegenheit ausschließlich austro-serbisch sei. Mi¬ 
nister appellierte dann wieder an meine Mitwirkung, um 
k. Regierung zur Teilnahme an Vermittelungsaktion zu bewegen. 
Ich entgegnete, alles für etwaige Entschließungen meiner Regierung 
in dieser Richtung wichtige Material hätte ich Ew. Exz. bereits 
übermittelt, insbesondere über den Wunsch Sasonows berichtet, 
einen Weg zu finden, um unter tunlichster Schonung serbischer 
Souveränitätsrechte berechtigten österreichischen Forderungen Ge¬ 
nugtuung zu verschaffen. Mehr könnte ich nicht tun. Ob meine 
Regierung den Sir E. Greysehen Vorschlag wegen Konversationen 
zu vieren annimmt, wüßte ich nicht, sicher aber sei, daß das 
schlechteste Mittel, Deutschland zur Teilnahme an Mediation zu 
bewegen, das von der hiesigen Presse eingeschlagene eines Ver¬ 
hetzungsversuchs zwischen Österreich und Deutschland sei. Alle 
plumpen Manöver, um zwischen uns und Österreich Mißtrauen zu 
säen, seien von vornherein zum Scheitern verurteilt und könnten 
der Sache des Friedens nur schaden. Minister werde daher gut 
* daran tun, solchem Vornehmen zu steuern. Habe Minister ferner 
auf uns zugegangeneS zuverlässige Nachrichten hingewiesen, die 
keinen Zweifel ließen, daß militärische Vorbereitungen im Gange 
sind, die über das hinausgehen, was Kriegsminister unserem Militär¬ 
attache gesagt habe. Ich könne mir dies nur dadurch erklären, 
daß Chefs der Militärbezirke in den von ihnen angeordneten Ma߬ 
nahmen vielleicht weitergingen, als hier beabsichtigt werde. Jeden¬ 
falls sehe ich mich genötigt, von neuem mit dem allergrößten Ernst 
auf die Gefahr hinzuweisen, die im gegenwärtigen kritischen Augen¬ 
blick daraus entstehen könnte, daß weitgehende militärische Vor¬ 
bereitungen getroffen würden. Auf meine Bitte haben sich mein 
italienischer und englischer Kollege bereit erklärt, Sasonow eben¬ 
falls diese Gefahr vor Augen zu halten. 
Pourtales 
1 Nach der Entzifferung. 
2 Aufgegeben in Petersburg 28. Juli 812 nachm., angekommen im Aus¬ 
wärtigen Amt 29. Juli 616 vorm. Eingangsvermerk: 29. Juli vorm.
	        
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