Volltext: Vom Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin bis zum Bekanntwerden der russischen allgemeinen Mobilmachung (2 / 1919)

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Schwein! vor'sich gehenden Ereignisse Deutschland steht, das 
augenscheinlich den gegenwärtigen Moment für sehr 
geeignet hält, um mit Frankreich abzurechnen. Die 
Berliner leitenden Kreise erklären offen, daß sie mit 
dem empörenden Betragen Österreichs völlig sym¬ 
pathisieren. Ohne eine solche Sympathie würde die 
Wiener Regierung sich nie zu einem Vorgehen ent¬ 
schließen, das durch keinerlei Tatsachen gerecht¬ 
fertigt erscheint. 
also der Fürstenmord ist eine Bagatelle 
Nr. 291 
Der Militärbevollmächtigte am russischen Hofe 
an den Kaiser1 
St. Petersburg, den 13/26. Juli 19141 2 
Meinem Telegramm von heute nacht3 lasse ich nachstehendes 
alleruntertänigst folgen: 
Gestern war der Kaiser mit der ganzen Suite von morgens 
bis abends zu Besichtigungen in Krasnoje. Der Inhalt der öster¬ 
reichischen Note war durch die Zeitungen gerade bekannt geworden 
und hat durch den scharfen Ton und zu detaillierten Inhalt große 
Entrüstung hervorgerufen. Im Ministerrat tags zuvor war be¬ 
schlossen, eine Verlängerung der Frist von Wien zu erbitten. Die 
ablehnende Antwort Berchtolds traf vormittags in Krasnoje ein. 
Bis dahin war die Stimmung im Hauptquartier ernst und unruhig. 
Nach dem Frühstück schlug sie in tiefgehendste Empörung gegen 
Österreich um. Der Kriegsminister, Großfürst Nikolai, General" 
Stabschef etc. wurden zum Kaiser gerufen, und es entstand eine 
Unruhe im Lager, die auf wichtige Beschlüsse hindeutete. Bei der 
Nachmittagsbesichtigung wurde bekannt, daß die Lagerübungen 
abends ihren Abschluß finden, die Manöver abgesagt sind und alle 
Truppen zurückkehren. General Adlerberg, der Gouverneur von 
St. Petersburg, verschnappte sich hierbei und sagte zur »Mobilisie¬ 
rung«. Baron Grünwald, der Oberstallmeister, ein sehr deutsch¬ 
freundlich gesinnter Herr, saß neben mir beim Diner und sagte, »die 
1 Der Chef des Militärkabinetts übersandte das Original des Cheliusschen 
Berichtes dem Auswärtigen Amt; auf Verfügung des Reichskanzlers vom 
28. Juli wurde der Bericht — am 31. Juli — an den Chef des Militär- 
kabirietts zurückgeschickt. 
2 Nach einer bei den Akten befindlichen Abschrift des Berichts. 
3 Siehe Nr. 194.
	        
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