Volltext: Vom Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin bis zum Bekanntwerden der russischen allgemeinen Mobilmachung (2 / 1919)

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Nr. 380 
Der Reichskanzler an den Botschafter in Petersburg1 
Telegramm 139 Berlin, den 29. Juli 19141 2 
Dringend! 
Russische Mobilmachung an österreichischer Grenze wird, wie 
ich annehme, entsprechende österreichische Maßregel zur Folge haben. 
Wieweit dann die rollenden Steine noch aufzuhalten sind, ist schwer 
zu sagen, und ich fürchte, daß friedliche Absichten Herrn Sasonows 
dann nicht mehr verwirklicht werden können3. Um, wenn möglich, 
drohende Katastrophe noch4 abzuwenden, wirken wir in Wien darauf¬ 
hin, daß die österreichisch-ungarische Regierung in Bestätigung ihrer 
früheren Versicherung5 Rußland noch einmal formell erklärt, daß ihr 
territoriale Erwerbungen in Serbien fernliegen und ihre militärischen 
Maßnahmen lediglich eine vorübergehende Besetzung bezwecken, um 
Serbien6 zur Schaffung von Garantien für künftiges Wohlverhalten 
zu zwingen. 
Gibt Österreich-Ungarn eine solche Erklärung ab, so hat Ru߬ 
land alles erreicht, was es will. Denn daß Serbien die »verdiente 
Lektion« erhalten müsse, hat Herr Sasonow Ew. Exz. gegenüber 
selbst zugegeben. 
Wir erwarten daher, daß Rußland, falls unser Schritt in Wien 
Erfolg hat, keinen kriegerischen Konflikt mit Österreich herbeiführt7. 
Ew. Exz. wollen Sich in vorstehendem Sinne eingehend Herrn 
Sasonow gegenüber aussprechen. 
Drahtbericht8. Bethmann Hollweg 
1 Nach dem Konzept. Entwurf von Rosenbergs Hand mit Änderungen 
von der Hand Jagows. Siehe Nr. 343. 
2 115 nachm, zum Haupttelegraphenamt. 
3 »Russische ... verwirklicht werden können« von Jagow geändert 
aus Rosenbergs ursprünglichem: »Der russische Botschafter hat hier heute 
mitgeteilt, daß Rußland morgen gegen Österreich mobilisieren wird. 
Wie Ew. Exz. und dem dortigen Kabinett bekannt, würde ein derartiger 
russischer Schritt von uns alsbald mit entsprechenden Mobilmachungs¬ 
maßnahmen beantwortet werden müssen.« 
4 So Jagow anstatt Rosenbergs: »Um die dann wohl unvermeidliche 
Katastrophe wenn möglich noch in letzter Stunde.« 
5 Jagow: »früheren Versicherung« anstatt Rosenbergs »bereits vorliegenden 
Versicherungen nicht nur uns, sondern auch.« 
6 Hier zunächst folgendes »zur Erfüllung der österreichischen Forderungen 
und« von Jagow gestrichen. 
7 »keinen herbeiführt« von Jagow aus Rosenbergs ursprüng¬ 
lichem »die geplante Mobilisierung unterläßt« geändert. Rosenbergs 
hinter »unterläßt« folgender Satz: »Die Verantwortung für die Folgen 
einer trotzdem vorgenommenen Mohilmachung würde ausschließlich 
Rußland treffen« von Jagow getilgt. 
8 Siehe Nr. 421.
	        
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