Volltext: Vom Attentat in Sarajevo bis zum Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin (1 / 1919)

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Sie war gedacht als ein patriotisch-nationalistischer Geheimbund, 
der nicht bloß das Königreich Serbien, sondern sämtliche Länder mit 
serbischen Bevölkerungselementen umfassen sollte und bestimmt, das 
Gefühl der Zusammengehörigkeit und Stammeseinheit zu entwickeln 
und zu kräftigen und auf dem so vorbereiteten Boden an der realen 
Durchführung dieser Vereinigung mit allen Mitteln zu arbeiten. Das 
Schlagwort lautete: »Arbeit an der Befreiung der unterjochten 
Brüder.« In die Leitung des Gebeimbundes, als dessen Ehren¬ 
präsident der General a. D. Bosidar Jankowitsch, später Komman~ 
mandant der Ibardivision im serbisch-türkischen Kriege, fungierte, 
traten Männer der verschiedensten Berufsarten ein: Beamte, Offiziere 
(insbesondere diejenigen aus der Gruppe der viel besprochenen 
»schwarten Hand«), Abgeordnete, Kaufleute, Handwerker u. dgl. Ver¬ 
trauensmänner des Bundes wurden wie für das Innere Serbiens, so 
auch für Südungarn, Bosnien und die Herzegowina, Dalmatien, Alt¬ 
serbien und Mazedonien bestellt. Aber gewitzigt durch die un¬ 
angenehmen Erfahrungen, die man mit dem früheren »Jugoslowenski 
Klub« (Südslawischer Verein) in Serbien gemacht hatte, vermied es 
der neue Geheimbund, sich durch schriftliche Festsetzungen der 
Gefahr einer Kompromittierung auszusetzen. Insbesondere wurden 
weder schriftliche Statuten abgefaßt, noch über die Sitzungen schrift¬ 
liche Protokolle aufgenommen. Die Sitzungen wurden je nach Um¬ 
ständen und Verabredung bei dem einen oder andern der Vorstands¬ 
mitglieder abgehalten. 
Man war sich darüber einig, daß vor allem die Jugend mit ihrer 
Begeisterungsfähigkeit für unklare Freiheitsideen gewonnen werden 
mußte. So begann die Naroäna Odbrana mit der systematischen 
Verhetzung und Fanatisierung der Jugend, namentlich der Schuljugend, 
Im Königreich Serbien eigneten sich trefflich hierzu die Sokol- und 
Duschanowzi- Vereine, in denen mit der großserbischen Agitation 
praktische Unterweisung im Waffengebrauch verbunden wurde. In 
den südslawischen Ländern Österreich-Ungarns, wo derartige öffent¬ 
liche Verbindungen auf Widerstand der Behörden stießen, bildeten 
sich überall unter den Schülern serbischer Nationalität geheime 
Konventikel, die sich an der Lektüre aus Serbien eingeschmuggelter. 
chauvinistischer und auch einheimischer großserbischer Blätter be¬ 
rauschten. Solcher großserbischer Blätter gibt es in Sarajevo, 
Fiume, Agram die Fülle. In letzterer ßtadt ist es z. B. der 
»Srbobran«, ein Organ des kroatischen Landtagsabgeordneten und 
großserbischen Agitators Swetosar Pribitsche witsch, eines Bruders 
des jet^t mit dem Attentat in Sarajevo öffentlich in Verbindung ge¬ 
brachten serbischen Majors Milan Pribitschewitsch. 
Ihren Zielen entsprechend wendete die Narodna Odbrana ferner 
dem Bandenwesen in der Türkei ihre besondere Aufmerksamkeit zu. 
Sie hat es zwar nicht geschaffen, denn die Komitadjis bestanden 
lange vor ihr, aber sie hat zu ihrer Vermehrung und besseren 
Ausrüstung viel beigetragen. Auf ihre Bearbeitung der Jugend ist
	        
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