Volltext: Vom Attentat in Sarajevo bis zum Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin (1 / 1919)

die Sache zu erledigen, und er betrachte es als eine gute Vor¬ 
bedeutung für die Zukunft, wenn es uns beiden abermals gelänge, 
durch unseren beiderseitigen Einfluß auf unsere Verbündeten den 
Frieden Europas gesichert haben1. 
Ich fand den Minister zum ersten Male verstimmt. Er sprach 
mit großem Ernst und schien von uns auf das Bestimmteste zu 
erwarten, daß es unserem Einfluß gelingen möge, die Frage beizu¬ 
legen. Er wird auch heute ein Statement im House of Commons 
machen, worin er seinen Standpunkt zum Ausdruck bringt. Auf 
jeden Fall bin ich der Überzeugung, daß, falls es jetzt doch noch 
zum Kriege käme, wir mit den englischen Sympathien und der 
britischen Unterstützung nicht mehr zu rechnen hätten, da man in 
dem Vorgehen Österreichs alle Zeichen üblen Willens erblicken würde. 
Nachdem wir bereits einen englischen Konferenzvorschlag ab¬ 
gelehnt haben, ist es uns unmöglich, auch diese englische Anregung 
a limine abzuweisen. Durch eine Ablehnung jeder Vermittelungs¬ 
aktion würden wir von der ganzen Welt für die Konflagration ver¬ 
antwortlich gemacht und als die eigentlichen Treiber zum Kriege 
hingestellt werden. Das würde auch unsere eigene Stellung im 
Lande unmöglich machen, wo wir als die zum Kriege Gezwungenen 
dastehen müssen. Unsere Situation ist um so schwieriger, als Serbien 
scheinbar sehr weit nachgegeben hat. Wir können daher die Rolle 
des Vermittlers nicht abweisen und müssen den englischen Vorschlag 
dem Wiener Kabinett zur Erwägung unterbreiten, zumal London und 
Paris fortgesetzt auf Petersburg ein wirken. Erbitte Graf Berchtolds 
Ansicht über die englische Anregung, ebenso wie über Wunsch Herrn 
Sasonows, mit Wien direkt zu verhandeln8. 
Bethmann Hollweg 
7 Siehe Nr. 265 und 278. 
* Siehe Nr. 400. 
Nr. 278 
Der Reichskanzler an den Botschafter in London1 
Telegramm 183 Berlin, den 27. Juli 19142 3 
In dem von Sir Edward Grey gewünschten Sinne haben wir Ver¬ 
mittelungsaktion in Wien sofort eingeleitet. Außer dieser englischen 
Anregung haben wir überdies Graf Berchtold auch den Wunsch 
Sasonows auf direkte Aussprache mit Wien unterbreitet. 
Be thmann Holl weg 
1 Nach dem Konzept von der Hand des Reichskanzlers. — Vgl. deutsches 
Weißbuch vom Mai 1915, S 31, Nr. 15. 
a ii50 nachm, zum Haupttelegraphenamt. 
3 Siehe Nr. 258 und 277. 
Reichsdruckerei, Berlin.
	        
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