Volltext: Vom Attentat in Sarajevo bis zum Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin (1 / 1919)

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Nr. 242 
Der Botschafter in Petersburg an das Auswärtige Amt1 
Telegramm 165 St. Petersburg, den 27. Juli 19141 2 
Militärattache meldet über Gespräch mit Kriegsminister: Sasonow 
hat ihn gebeten, mich über militärische Lage aufzuklären. Der 
Kriegsminister gab mir sein Ehrenwort, daß noch keinerlei Mobil¬ 
machungsorder ergangen sei. Vorläufig würden lediglich Vorbereitungs¬ 
maßnahmen getroffen, kein Pferd ausgehoben, kein Reservist einge¬ 
zogen. Wenn Österreich serbische Grenze überschreitet, werden auf 
Österreich gerichtete Militärbezirke Kiew, Odessa, Moskau, Kasan 
mobilisiert. Unter keinen Umständen an deutscher Front Warschau, 
Wilna, Petersburg. Man wünsche dringend Frieden mit Deutschland. 
Auf meine Frage, zu welchem Zweck Mobilmachung gegen Österreich, 
Achselzucken und Hinweis auf Diplomaten. Sprach dem Minister 
aus, daß man bei uns Würdigung für freundschaftliche Absichten 
zeige, aber auch Mobilmachung gegen Österreich allein als sehr be¬ 
drohlich ansehen werde. Minister betonte nachdrücklichst und wieder¬ 
holt dringendes Bedürfnis und Wunsch nach Frieden. Hatte Ein¬ 
druck großer Nervosität und Besorgnis. Halte Wunsch auf Frieden 
für aufrichtig, militärische Angaben insoweit für zutreffend, daß 
völlige Mobilmachung wohl nicht angeordnet, vorbereitende Ma߬ 
nahmen aber sehr weitgehend. Man ist sichtlich bestrebt, Zeit zu 
gewinnen zu neuen Verhandlungen und Fortsetzung der Rüstungen. 
Auch verursacht innere Lage unverkennbar schwere Besorgnis. Grund¬ 
zug der Stimmung, Hoffnung auf Deutschland und Vermittelung Sr. M. 
Pourtal&s 
1 Nach der Entzifferung. — Vgl. deutsches Weißbuch vom Mai 1915, S. 30 
Nr. 13. 
2 Aufgegeben in Petersburg i° vorm., angekommen im Auswärtigen Amt 
235 vorm.; Eingangsvermerk: 27. Juli vorm. Randvermerk des Reichs¬ 
kanzlers vom 27. Juli: »S. M. vorgetragen v. B. H 27.« Pourtales’ Tele¬ 
gramm am 27. Juli von Jagow telegraphisch dem Botschafter in Wien 
mitgeteilt, 95 nachm, zum Haupttelegraphenamt; am 28. Juli auch dem 
Generälstab, dem Kriegsminister und dem Admiralstab mitgeteilt, abge¬ 
sandt durch Boten u30 vorm.
	        
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