Volltext: Vom Attentat in Sarajevo bis zum Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin (1 / 1919)

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Nr. 211 
Der Botschafter in Rom an das Auswärtige Amt1 
Telegramm 24 Fiuggi Fonte, den 26. Juli 19141 2 
Marquis di San Giuliano fährt fort, mir zu sagen, daß das 
Vorgehen Österreichs für Italien höchst bedenklich sei, da Öster¬ 
reich morgen wegen der Irredenta dasselbe Vorgehen gegen Italien 
richten könne. Zu solchen Schritten könne Italien daher nicht Zu¬ 
stimmung geben. Nach vertraulichen Nachrichten aus Bukarest 
sei S. M. der König von Rumänien der gleichen Ansicht wegen 
der in Ungarn lebenden Rumänen3. Ich habe dem Minister gesagt, 
daß er nicht Fälle konstruieren möge, die gar nicht vorlägen. 
Den österreichischen Versicherungen, kein serbisches Terri¬ 
torium zu beanspruchen, glaubt der Minister immer noch nicht. 
Er hält es daher für nötig, Österreich schon bald auf Italiens 
Kompensationsansprüche vorzubereiten. Mit Wien könne er aber 
schwerlich darüber direkt verhandeln. Weder Baron von Merey 
hier, noch der Herzog von Avarna in Wien seien dazu geeignet. 
Überhaupt mache das bestehende Mißtrauen, zwischen Wien und 
Rom solche Verhandlungen schwierig. Der einzige gangbare Weg 
führte über Berlin. Ich habe ihm gesagt, ich wisse nicht, wie meine 
Regierung darüber denke. Im Augenblick scheine es mir noch zu 
früh zu sein. Der Minister deutete wieder an, ohne Kompensation 
sei Italien gezwungen »Österreich in den Weg zu treten«. 
Marquis di San Giuliano gab mir ein Telegramm des Herrn 
Bollati, wonach der Herr Staatssekretär der auswärtigen Ange¬ 
legenheiten sich durch die Erklärungen als befriedigt gezeigt habe. 
In vertraulichem Gespräch sagte der Minister, es scheine 
ihm, als wenn die k. Regierung Österreich zu sehr ermutige. 
Ich habe das bestritten und ihm gesagt, wir beschränkten uns 
darauf, unsere Bundespflichten zu erfüllen. 
Überhaupt Presse noch relativ günstig, mit Ausnahme des 
Berliner Korrespondenten des Messagero. Corriere della Sera 
hat abgelehnt, für Österreich einzutreten. 
F 1 o t o w 
1 Nach der Entzifferung. 
2 Aufgegeben in Fiuggi Fonte 340 nachm., angekommen im Auswärtigen 
Amt 510 nachm. Eingangsvermerk: 26. Juli nachm. Auf der Entzifferung 
der noch am 26. oder 27. Juli geschriebene Vermerk Jagows: »Mit Herrn 
Bollati besprochen«. 
3 Dazu die Randbemerkung Zimmermanns: »Fasciotti!« Siehe Nr. 239.
	        
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