Volltext: Vom Attentat in Sarajevo bis zum Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin (1 / 1919)

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Publikums ist wohl teilweise auf die Arbeiterstreiks 
zurückzuführen, die in letzten Tagen große Aus¬ 
dehnung genommen haben. Über die Hälfte hiesiger 
Arbeiter haben Arbeit niedergelegt. Eine Anzahl 
bravo! Zeitungen konnte wegen Buchd;uckerstreik während 
Besuchs Poincares nicht erscheinen. Dabei ist es zu 
bedenklichen Ausschreitungen gekommen, bei denen 
Polizei und Kosaken einschreiten mußten. Heute 
nacht fand auf Wyborger Seite, wo Arbeiter Barri¬ 
kaden errichtet hatten, ernster Zusammenstoß statt, 
bei welchem es, wie offiziell zugegeben wird, 5 Tote 
und 8 Verwundete gab. 
Es wird, wie ich höre, beabsichtigt, gleich nach 
Abreise Poincares gegen Arbeiter schärfer vorzugehen. 
Außer in Petersburg finden gegenwärtig auch in 
anderen größeren Städten Rußlands Streiks statt. 
Sie verdienen als Symptom der in russischen Arbeiter¬ 
kreisen herrschenden erbitterten Stimmung ernste 
Beobachtung, wenn ihnen auch vorläufig größere 
Tragweite nicht zuzusprechen ist. Im Falle äußerer 
Ja Verwicklung könnten sie immerhin für Regierung 
schwierige Lage schaffen. 
Pour t ales 
Nr. 131 
Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt1 
Telegramm 97 Wien, den 23. Juli 19141 2 
Graf Szäpäry meldet, Präsident Poincare habe ihm gegenüber 
bei neulichem Diplomatenempfang nachdrücklich darauf hinge¬ 
wiesen, daß Serbien Freunde habe, die es nicht im Stiche lassen 
würden. Diese Sprache sei, wie man mir hier sagt, nicht im Ein¬ 
klang mit Plaltung Herrn Sasonows, der sich sehr ruhig und zu¬ 
rückhaltend über serbische Angelegenheit ausgesprochen habe. 
Herr Dumaine war gestern im Ministerium. Er hat in den 
düstersten Farben die Gefahren eines Krieges mit Serbien geschil¬ 
dert, der ein Guerillakrieg von unabsehbarer Dauer werden müsse. 
Dabei hat der französische Botschafter aber betont, Rußland werde 
1 Nach der Entzifferung. 
2 Aufgegeben in Wien i50 nachm., angekommen im Auswärtigen Amt 
550 nachm. Eingangsvermerk: 23. Juli nachm. Am 24. Juli von Jagow 
telegraphisch dem Botschafter in Rom mitgeteilty Telegramm 64& nachm, 
zum Haupttelegraphenamt
	        
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