Volltext: Deutschland und Europa

Nr. 26. 
Briefwechsel zwischen Brey und Oamhon. 
Sir Edward Grey 
an 
Herrn Cambon, französischen Botschafter in London.1) 
Foreign Office, 22. November 1912. 
Mein lieber Botschafter! — In den letzten Jahren haben sich von Zeit zu 
Zeit die französischen und britischen Marine- und Militär-Sachverständigen 
miteinander beraten. Es geschah dies unter der steten Voraussetzung, daß 
solche Beratungen jeder der beiden Regierungen für alle Zukunft volle 
Freiheit der Entscheidung lassen, ob sie der anderen Waffenhilfe leisten 
wolle oder nicht. Wir sind übereingekommen, daß die Beratungen der 
Fachleute kein Engagement der Regierungen bedeuten und auch nicht 
als ein Engagement angesehen werden sollen, einander in irgendeinem 
Streitfälle, der noch nicht eingetreten ist und vielleicht nie eintreten wird, 
beizustehen. So basiert zum Beispiel die Verteilung der französischen 
und britischen Seestreikräfte im gegebenen Augenblicke nicht auf einer 
Verpflichtung zum Zusammenwirken im Kriegsfälle. 
Sie haben jedoch darauf hingewiesen, daß es für jede der beiden Re¬ 
gierungen höchste Bedeutung erlangen könnte, zu wissen, ob sie auf die 
Waffenhilfe der anderen zahlen dürfe, wenn sie schwerwiegende Gründe 
hätte, anzunehmen, daß ein nicht provozierter Angriff einer dritten Macht 
zu befürchten sei. 
Ich stimme Ihnen bei, daß jede der beiden Regierungen, sobald sie trif¬ 
tige Gründe hat, einen nicht provozierten Angriff seitens einer dritten 
Macht, oder sonst eine Bedrohung des allgemeinen Friedens zu erwarten, 
sogleich mit der anderen Regierung zu besprechen hätte, ob sie vereint 
handeln sollen, um einen Angriff abzuwehren und den Frieden zu er¬ 
halten, und welche Maßnahmen sie gegebenen Falles gemeinsam zu tref¬ 
fen bereit wären. Wenn diese Maßnahmen ein bewaffnetes Vorgehen 
erforderten, wären die Pläne der Generalstäbe sogleich zu prüfen, worauf 
die Regierungen zu entscheiden hätten, in welchem Ausmaße sie durch¬ 
zuführen seien. 
Ihr usw. 
-- Edward Grey. 
*) Lord Grey, Fünfundzwanzig Jahre Politik, Band I, S.99/100. 
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