Am Stadtbache treiben die Lederer ihr stinkendes GeWerb
— Gevatter Seiler 'hat sich am Wehrgange häuslich
gerichtet und seine Fäden gespannt; mißtrauisch betrach
tet er uns freche Eindringlinge/ die wir in sein Gehege
gekommen sind.
Ich könnte noch vieles von den alten
städten erzählen: von Riesen und von
jenen, wie etwa Augsburg oder Nürnberg,
die moderne Zeit ihren Einzug gehalten, den Mauer-
gürtel zersprengt und die mittelalterlichen Stadtbilder an
alte Flußufer oder in abgelegene Gäßchen zusammen-
gedrängt.
Nürnberg nennt man ja heute noch! ein Schau
stück „der deutschen Städte des Mittelalters". Betrach
ten wir die Stadt als Ganzes, so gilt dieser Ruf längst
nicht mehr.
Innerhalb der Mauern Nürnbergs kämpft die mo
derne mit der alten Zeit — und letztere ist unterlegen.
Damit soll aber nicht gesagt sein, daß Nürnberg nicht
wundervolle Erinnerungen aus seiner reichsstädtischen
Vergangenheit beherbergt. Da und dort steht in den
belebtesten Straßen der Stadt noch ein gotisches Bürger
haus. Die Kirchtürme von St. Laurenz und
baldus steigen gleich! mittelalterlichen Recken
die steilgiebeligen Häuser in die Lüfte. An d
ruht die alte Stadt noch! im Dornröschensch
den Henkersteg und beim Spital cchnt man kaum
von der modernen Hast und Unruhe. Gar köstlich! sind
die wvhlgchüteten Stadtmauern in den ersten Wochen
des Mai, wenn der Flieder blüht und rote und weiße
Röschen das dunkle Gemäuer überschütten. Wir können
uns da kaum entscheiden, wo wir unseren Rundgang
ausführen sollen — im Graben oder oben der Mauer
entlang.
Turm folgt auf Turm, Tor auf Tor; die geschwärz
ten Mauern belebt überall frisches Blättergrün. Neben
den wuchtigsten Torbögen hat der moderne Verkehr leider
wieder eine große Lücke eingerissen. Automobile und
elektrische Wägen sausen durch die tiefen Breschen. Ein
paar Schritte weiter und es wird wieder ruhig. Türme
und Mauerzinnen erzählen dem Kundigen von Kämpfen
und Kriegen, die um die wichtigen Bastionen tobten
— für den romantisch veranlagten Menschen von heute