Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band II (II. / 1937)

1 
deutsche Offensive in der Champagne scheitern sollte. Im Gegensatze zu dem bisher 
bei bevorstehenden Großangriffen geübten Verfahren blieben in den vorderen 
Linien nur schwache Besatzungsgruppen» hingegen weiter rückwärts, außerhalb des 
Wirkungsbereiches unserer Artillerie, starke Reserven zum Gegenstoß bereit standen. 
Biele Batterien wurden aus der vorderen Zone zurückgezogen. Das stark bewaldete 
Gelände begünstigte diese gegnerischen Maßnahmen. So kam es, daß der mehr¬ 
stündige Feuersturm unserer ohnedies mit Munition so spärlich dotierten Batterien 
ziemlich wirkungslos auf unbesetzte oder ausreichend kasernierte und betonierte 
Stellungen niederging. Die Infanterie überrannte zwar die vordersten feindlichen 
Stellungen im ersten Anlaufe, geriet aber auf ihrem weiteren Wege in das Feuer 
einer vollkommen intakten, ausgezeichnet eingeschossenen, die Lage völlig beherr¬ 
schenden Artillerie. Die feindliche Infanterie trat zum Gegenstöße an und entriß 
dem Angreifer zum größten Teile die Früchte seines ersten Ansturms. In dieser 
Schlachtkrisis mußte die Infanterie der wirksamen Hilfe der Artillerie entbehren. 
Große Entfernung, Munitionsmangel, Bedrängnis durch die Feindbatterien 
erschwerten eine nachhaltige Unterstützung. Ein Nachziehen der eigenen Batterien 
scheiterte zumeist an dem schwierigen Gelände und an den Wegverhältnissen sowie 
an dem jammervollen Mangel an Geschützbespannungen. Die den spartanisch 
bescheidenen Kampsständen nicht angepaßten Breitenmaße der Angriffsstreisen, die 
ungenügende Wirkung des Gasschießens, das allzu weite Abbleiben der Armee¬ 
reserven, die schon früher berührten unvollendeten Angriffsvorbereitungen, denen 
der Charakter der Improvisation augenfällig anhaftete, bildeten die hauptsächlichsten 
Ursachen des Mißlingens der Offensive an der Gebirgsfront. 
„Nicht der Wunsch, nicht geschlagen zu werden, sondern das brennende Ver¬ 
langen, den Feind zu schlagen, muß die Entscheidungen bestimmen “ — so lautet 
ein Grundsatz des großen deutschen Strategen Graf v. Schliessen. Fürwahr, an dem 
„brennenden Verlangen", an dem heißen Wunsche, an dem starken Willen hatte 
es nicht gemangelt. Der Ende März erlassene Befehl einer Offensive gegen Italien 
war in der Armee mit Begeisterung und Genugtuung aufgenommen worden. Diese 
neuerliche Kraftprobe der wohl schon mit dem Hunger kämpfenden Wehrmacht 
konnte nicht allein den Gedankenkreis des schwergeprüften Heeres in eine andere 
Richtung drängen, sondern es konnte auch noch am ehesten die innere Schwäche 
der Donaumonarchie durch einen äußeren Erfolg gebannt werden. War es auch 
nicht mehr wie einst, war es nicht mehr der frohe, von heller Begeisterung zeugende 
Rausch, der die gehärteten, durch Entbehrungen geprüften Männer ins Feuer trieb, 
so war es doch der vom höchsten Führer bis zum letzten Mann vorhandene ehrliche, 
gute Wille, die Schwierigkeiten zu meistern. Noch einmal sollte der alterprobte 
prächtige Geist der alten Armee „Wunder wirken". 
Allzusehr aber hatten bereits die Errungenschaften der Technik und die 
Mechanisierung des Krieges, die vom Heldentod den letzten romantischen Schimmer 
längst genommen hatten, innerhalb der Kampfersordernisse die Vorherrschaft über 
den Einsatz des Blutes an sich gerissen. Aus dem Nebelmorgen wuchs die Schlacht 
ans Licht. AIs es nachtet, waren die Kämpfer an der Bergsront ihrer letzten 
Hoffnung beraubt. 
Auch das Regiment, dessen standfestes Ausharren die Front der 6. ID. vor dem 
Ausrollen durch den Feind von Osten her bewahrt hatte, war dieser harten Prüfung 
2g» 
365
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.