Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band II (II. / 1937)

ging es in die Wagen. Um 4 Uhr nachmittags zog das Regiment in Bozen, im 
Lager Ober-Au, ein. 
Bald fühlen sich die Steirer in der Walterstadt heimisch. Frohgemut wandern 
sie durch die engen Gäßchen und Lauben, und ihr Auge ergötzt sich an dem land¬ 
schaftlichen Reiz der Umgebung. Sie sind froh, wieder einmal unter deutschen 
Leuten, in einer deutschen Stadt verweilen zu können. Manch einen treibt die 
starke Verbundenheit mit der Scholle hinaus, um freien Willens wieder aufbauende 
statt zerstörende Arbeit zu leisten. Viele aber erleben unvergeßliche Urlaubstage in 
der steirischen Heimat. Der Bozner Aufenthalt in den übervollen Weinstuben beim 
wohl mundenden Traminer läßt alle Kriegsnot vergessen. 
Am 6. Februar feierte das Regiment den Regimentsgedenktag — den Tag von 
Överfee — mit einem Gedenkgottesdienste in der Pfarrkirche. Obst. v. Siegl, der 
seit 3. Februar wieder das Regimentskommando führte, ließ vor dem aus dem 
Kirchenplatze versammelten Regimente, angesichts der alten, aus Graz herangeholten 
Regimentsfahne, die Erinnerung an die Taten der Belgier in der eisumpanzerten 
Nordmark anno 1864 aufleuchten. Eine Defilierung vor dem Divisionär, GM. von 
Schilhawfky, und vor dem neuen Führer der 12. IBrig., Obst. Schotsch st beendigte 
die erhebende Feier. 
Am 20. Februar wurde dem Regimente die Ehre zuteil, im Lager Ober-Au vor 
dem Heeresgruppenkommandanten, FM. Conrad, anzutreten. Es war für jeden 
Offizier und Mann ein Erlebnis, des Heeres größtem Führer ins Auge blicken zu 
Können. Der Marschall anerkannte Mjr. Fröhlich gegenüber — dieser führte seit 
17. Februar auf die Dauer der Beurlaubung des Obst. v. Siegl das Regiments¬ 
kommando — in Worten höchsten Lobes die jederzeit hervorragende Haltung des 
Regimentes. Die leutselige Art, die der Feldmarschall gegenüber Offizier und Mann 
bekundete, hinterließ bleibenden Eindruck. Das defilierende Regiment nahm Abschied 
vom Marschall. Der Abend des 26. Februar stand im Zeichen italienischen Flieger- 
besuches. Um 8.15 Uhr abends scheuchten krachende Explosionen die Bewohner aus 
den Wohnstätten auf die Straßen. Nach etwa einer halben Stunde war der Höhe¬ 
punkt zu Ende. Zum Glücke hatten die Bomben, die auch das innere Stadtgebiet 
heimsuchten, keinen wesentlichen Schaden verursacht. 
In Bozen gab es auch ein Wiedersehen mit den Kameraden des ehemaligen 
IV. Baons., das gleichfalls in der Walterstadt retablierte und bereits dem Verbände 
des neugebildeten IR. 127 angehörte. Dieses der Kommandoführung des allseits 
beliebten Obstlt. Julius Soazigino anvertraute Regiment wurde in Bozen aus dem 
IV. und V. Baon. (ehemaligem XX. MaBaon.) des IR. 47 und aus IV/27 gebildet. 
IR. 127 formierte mit dem von Obstlt. v. Petermann befehligten FR. 81 die 
11. IBrig., die der 6. ID. angehörte. 
Die vierwöchige Retablierungszeit neigte sich ihrem Ende zu. Das Erlebnis des 
Frühlingsahnens in der alten Talferstadt hatte die kalendergemäße Herrschaft des 
grimmen Winters vergessen lassen. Nun hieß es Abschied nehmen von Bozen, diesem 
„Stück stadtgewovdener Landschaft". Trübe wie der grauverhängte Himmel war die 
Stimmung der Steirer. Aber die Pflicht ries, uNd so schied jeder dankbaren Herzens, 
daß das gnädige Geschick dem Regimente noch unvergeßliche Wochen im Reben¬ 
lande geschenkt hatte. 
1 Das bisherige 12. IBrigKmdo. (GM. de Brunfaut) etablierte sich als 11. IBrigKmdo. in 
Trient und gelangte anfangs Februar nach Bozen. 
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