Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band II (II. / 1937)

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Bereits am 3. März 1918 setzten die Sowjetvertreter in Brest-Litowsk ihre 
Unterschriften unter den Friedensvertrag. Zu gleicher Zeit sah sich auch Rumänien 
zur Unterzeichnung eines Vorfriedens in Buftea veranlaßt, aus dessen Grundlage 
am 7. Mai der Friedensvertrag von Bukarest zustandekam. 
Österreich-Ungarns Truppen hatten am deutschen Vormärsche gegen Sowjetru߬ 
land nicht teilgenommen. Während der linke deutsche Heeresflügel bei Narwa, in 
bedrohlicher Nähe von Petersburg, Halt machte, wurde der Vormarsch in der 
Ukraine, wo die Bolschewiki die Herrschaft an sich gerissen und den größten Teil 
des Landes in eine uferlose Anarchie gestürzt hatten, fortgesetzt. Am 1. März wurde 
Kiew erreicht. Die Notlage der Monarchie in der Ernährungsfrage führte letzten 
Endes zur Erkenntnis, dem deutschen Vormärsche in die Ukraine nachzufolgen. Am 
28. Februar traten die k. u. k. 2. und Teile der k. u. k. 7. Armee unter Befehl des 
FM. v. Böhm-Ermolli den Vormarsch durch Podolien in der Richtung auf Odessa 
an, in das die öst.-ung. und deutschen Truppen am 13. März einzogen. Im Monate 
Mai wurden Taurien und die Krim in Besitz genommen und Rostow am unteren 
Don erreicht. Später drangen die Deutschen bis in den Kaukasus. Ungeheure 
Entfernungen waren seit dem 18. Februar durchmessen worden. Im Mai traten 
sämtliche k. u. k. Truppen in der Ukraine als „Ostarmee" unter den G. d. I. 
Alfred Krauß. 
Der Ostfriede hat keine endgültige Lösung der großen Ostprobleme gebracht. 
Sowohl in militärischer wie auch in politischer Hinsicht blieb die Lage eine zwie¬ 
spältige. Es war ein Schwebezustand, kein wirklicher Friede. 
Die militärische Lage der Mittelmächte zu Beginn des letzten Kriegsjahres bot 
nach außen hin noch ein glänzendes Bild. Im Westen war den Briten trotz 
ungeheurer Opfer und monatelangen Ansturms die Erschütterung der flandrischen 
Front nicht geglückt. Italien hatte eine schwere Niederlage erlitten, der Feind war 
an die kürzeste Widerstandslinie zurückgedrängt, unser Kraftbewußtsein bei Truppe 
und Führung hatte sich sichtlich gehoben, die Feldarmee konnte sich zwei Monate 
hindurch wieder satt essen. Rußland lag am Boden, der Friede im Osten stand 
bevor, wenn sich auch der Abschluß leider verzögerte und mehr zu einem „bewaff¬ 
neten Frieden" führte. Aber die Hauptkräfte Deutschlands wurden endlich für den 
Entscheidungskamps im Westen frei. So war es nicht verwunderlich, wenn der 
britische Munitionsminister, Lord Winston Churchill, über das vorletzte Kriegsjahr 
urteilt: „Das Fahr 1917 schloß an allen Fronten der Alliierten — der britischen, 
französischen, italienischen, russischen und auf dem Balkan —in düsterer Stimmung1.“ 
Allein dem Gesamtbilde fehlten die Schatten nicht. Die vom Il-Boot-Kriege 
erwartete Wirkung hatte sich nicht eingestellt. Sorge bereitete die von Amerika 
drohende Gefahr, wenn sie auch unmittelbar noch nicht bestand. Die Franzosen 
waren nach der großen Krisis, von der Armee und Volk im Frühjahre 1917 betroffen 
wurden, wieder angriffskräftig geworden. Die entsagungsvolle Abwehr des deutschen 
Westheeres hatte große Opfer verschlungen und ließ dem Feinde Zeit, sich die 
Rüststätten und die Menschenquellen ganzer Weltteile dienstbar zu machen. Und 
dieses seit langem nur mäßig ernährte deutsche Westheer war in den furchtbaren 
Materialschlachten des Jahres 1917 in höchstem Maße überanstrengt, bis in die 
Knochen ermüdet und in den Nerven tief erschüttert. 
- Churchill, Die Weltkrisis 1916/18, II., 65. 
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