Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band II (II. / 1937)

alarmbereit -dahinter. Maschinengewehrnester waren in Lauerstellung versteckt, 
Nahreserven lagen unter Zelt am feindabgewendeten Hange. 
Eine Leidenszeit für Offizier und Mann brach an. Der Winter zeigte sein grim¬ 
mes Antlitz. Die Quecksilbersäule stand aus —10 Grad Celsius. Der Frost fraß 
an den Kampfständen. Allein der 26. Dezember endete mit 171 Erfrierungsfällen 
zweiten und dritten Grades. 
27.12. Am 27. trat eine Neugruppierung der 6. ID. ein. An Stelle des Obst. Vidostich, 
der das Kommando der 13. GbBrig. übernahm, zog GM. de Brunfaut, der Kom¬ 
mandant der 12. IBrig., dem das Regiment wieder unterstand, in Campanella ein. 
Obst. v. Siegl übernahm an diesem Tage das Regimentskmdo. und übersiedelte in 
die Il-Kaoerne hinter der Bal-Bella-Kuppe, wo auch das I. und III. Baonskmdo. 
beengten Unterstand gefunden. Die kalte Nacht aus den 27. hatte abermals den 
erschreckenden Abgang von 78 Mann, hierunter 67 Erfrierungsfälle, verursacht. 
Der klare Wintertag lockte die Flieger aus den Hangars. Um 3 Uhr nachmittags 
überflog ein Geschwader von zwölf Caproni das Kampfgelände; aus der Stenfle- 
und Frenzelaschlucht drang das Krachen einschlagender Bomben zu den Streitern 
auf der Höhe. 
31.12. Die letzten Jahrestage mit zeitweisem Schneetreiben verliefen ohne nennens¬ 
werte Ereignisse. Störungsfeuer der feindlichen Batterien verschlang täglich Opfer. 
Blutverlust und Erschöpfung hatten am Jahresende starke Lücken in die Kampf¬ 
stände gerissen. Diese stellten sich beim I. Baon. auf 264, beim II. auf 199, beim 
III. auf 168 und beim IV. auf 188 Frontfeuergewehre. 
Die Schatten der vierten Silvesternacht des Weltkrieges senkten sich auf das 
zwar erschöpfte, aber trotz aller unsäglichen Leiden Willensstärke Regiment, das 
ungebrochenen Mutes, in bergfester Treue, dem nahenden neuen Kriegsjahre ent¬ 
gegensah. 
1.1. Strahlender Sonnenschein lag über dem Neujahrstag, milderte des Winters 
Kälte, führte den in der Neujahrsnacht erstarrten Streitern etwas Wärme zu. 
Das fünfte Kriegsjahr war angebrochen. Stand das erste Kriegsjahr im Zeichen 
flammender Begeisterung, folgte ihm ein Jahr des Glaubens und 1916 ein Jahr 
der Hoffnung, so begann mit 1917 das Jahr der Pflicht. Ahnten die Kämpfer an 
den Fronten der Mittelmächte, daß 1918 ein Jahr der Verzweiflung werden sollte? 
Vermochte das Sonnenlicht über alle Nöte wahrhaftig hinwegzutäuschen? In 
den von Stickluft erfüllten Kavernen dämmerten die Streiter, eng gedrängt, dahin. 
Von den nahen Bergen beherrschte der Italiener mit Auge und Geschütz die Karst¬ 
kuppen des Mt. di Val Bella und des Col del Roffo, hielt alles tagsüber im 
Kavernendunkel und in den Erdlöchern festgebannt, hemmte jedwede Bewegungs¬ 
freiheit. Von den Decken der Kavernen tropfte es ohne Unterlaß, schlüpfriger Brei 
lag auf dem Boden, über den Ratten huschten. Da der Kerzenvorrat nicht langte, 
behalfen sich die Höhlenbewohner mit aufgefundenem italienischem Telephondraht. 
Gleich einem Wachsstocke brannte er mit kleiner Flamme, verbreitete aber einen 
ganz absonderlichen stickigen Geruch, der in Kauf genommen wurde, wenn auch 
die durch die Vielheit ohnehin arg verbrauchte Luft noch mehr verschlechtert wurde. 
Not macht erfinderisch. So griff LstLt. Dr. Vogl, der umsichtige Adjutant des 
IV. Baons. zu einem radikalen Hilfsmittel: er ließ die geräumten Kavernen durch 
geballte Handgranatenladungen „entlüften", fo daß tagsüber der Aufenthalt in den 
Kavernen halbwegs erträglich war. 
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