Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band II (II. / 1937)

Alle denkbaren Täuschungsmaßnahmen hatte man angewendet, ganz zu schweigen 
von der Urlaubs-, Post- und Bahnsperre. Schon während der Verladung des 
III. Korps auf dem Karste ab Mitte März wurde eine gegenteilige Aktion vor¬ 
getäuscht. Die anrollenden leeren Eisenbahnzüge wurden den feindlichen Fliegern 
als neu anlangende Truppentransporte gezeigt, Marschbataillone und Trains hinter 
der Front in Bewegung gesetzt und die Anmärsche der für Südtirol bestimmten 
Kräfte an die Bahn vornehmlich in der Dunkelheit vollführt. Auch der Spionage 
spielte man in die Hände: in Laibach wurden Quartiere für das „in nächster Zeit 
einlangende Armeeoberkommando" vorbereitet. Vorstöße an der Isonzofront, ein 
von Mißgeschick begleiteter großer Fliegerraid gegen die Piavebrücken sollten die 
Absichten einer Offensive kundtun. Gespannt wartete zumal die gegeißelte Karst¬ 
front auf das befreiende Echo aus den Lestinischen Alpen. Aber Tirol schweigt, und 
der Himmel bleibt erbarmungslos. 
Indessen erweiterte der sich verstärkende Feind mit Eifer seine in die Felsen 
gehauenen Stellungen. Um seine Aufmerksamkeit abzulenken, wurde kein Mittel 
gescheut. Am 10. April setzten neue Täuschungsmanöver ein, und auch ein Teil des 
Regimentes sollte daran beteiligt sein. Immer mehr aber schwand das für das 
Gelingen des kühnen Unternehmens so entscheidende Überraschungsmoment, und 
so galt jetzt als richtunggebend, dem Stoße erhöhte Kraft zu verleihen. 
Teile der Artillerie der 3. Armee wurden vorgezogen, und der schon einmal 
aufgetauchte Gedanke gewann Boden, dem Angriffe des XX. Korps Artillerie- 
unterstützung durch das III. Korps zu leihen, das infolgedessen später als jenes 
anzugreisen habe'. 
Die Ostertage (23. und 24. April) brachten Regenwetter. Auf den Bergen fiel 
Neuschnee. Anhaltend günstiges Wetter vorausgesetzt, konnte der Schnee etwa 
gegen Mitte Mai so weit abgetaut sein, daß er nicht mehr ernstlich behinderte. 
Wieder stand das 11. AK. vor der Entscheidung. Es entschloß sich, zu warten. 
Die drückende Rücksicht auf das dahinschwindende Überraschungsmoment wurde 
fallen gelassen. Abermals war ein Verräter, diesmal ein tschechischer Reserveoffizier, 
am 24. April übergelaufen. Mochte der Feind sich vorbereiten, wie er wollte; das 
von den Elementen gestellte Hindernis war nicht wegzuräumen, der zu erwartende 
stärkere feindliche Widerstand aber konnte durch größere Kraftentfaltung gebrochen 
werden 2. 
Mochten italienischerseits noch Zweifel über die Stoßrichtung der kommenden 
öst.-ung. Offensive bestanden haben, nunmehr war es offenbar geworden, daß nicht 
der Regen am Isonzo, sondern der Schnee im Hochgebirge den Feind zur Untätig¬ 
keit verurteilt. Jetzt erst — auch der knapp vor Ostern von der k. u. k. 18. ID. in 
der Val Sugana erfolgreich geführte, von den Italienern als Auftakt zur Offensive 
aus Slldtirol angesehene Schlag hatte die Zweifelnden aufgerüttelt — trifft der 
italienische Generalstab ungesäumt energische Vorsorgen. Heeresreserven werden 
in Marsch gesetzt, einzelne Brigaden vom Isonzo werden nach Westen gefahren. 
Der Verkehr auf den Bahnen des Friaul schwillt an. 
Hielten während des Winters an die 40 bis 50 Bataillone Südtirol umklam¬ 
mert, so hatte sich diese Kraft bis Mitte Mai mehr als verdreifacht. Nach den 
1 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, IV., 225. 
* Österreich-Ungarns Letzter Krieg, IV., 226, 227. 
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