Stahlgewitter. Hunderte stählerner Schlossen schlagen erbarmungslos ein. Auch über
die Rechtsstellung rast einige Zeit hindurch der Feuersturm. Seit 8 Uhr früh sind
die Telephonleitungen zerschossen. Es gibt bange Stunden in Kohle.
Ein Aufatmen geht durch die in Fuchslöchern und Kavernen in gespannter Er¬
wartung harrende Gipfelbesatzung. Mag es jetzt zum offenen Kampfe kommen!
Befreiung wäre es, Vergeltung! Aber es bleibt ruhig. Das Feuer erstirbt. Das
siebenstündige Gewitter hat sich ausgetobt.
Nacht senkt sich über den Berg. Scheinwerfer blitzen in der Runde auf. Alle
Hände find daran, den verstümmelten Graben zur Not zu flicken. In wenigen
Stunden muß es geschafft fein. Um Mitternacht verscheucht ein neuer Hagel von
Granaten die Arbeitswilligen aus den Gräben. Wuchtendes Dröhnen schwerer
Minen mischt sich in den hellgestimmten Aufschlag der Granaten, in das bellende
Maschinengewehrfeuer. Gegen Morgen erlischt das Feuer. Unter dem Siefgrat hört
man die feindlichen Bohrmaschinen. Oblt. Traube horcht bis etwa 6 Uhr nach-
F. 3. mittags des 5. März im Stollen. Er vernimmt deutlich die Maschine, gegen 6 Uhr
zehn Sprengschüsse, die südwestlich des eigenen Stollenortes und tiefer liegen. Er
schätzt die Entfernung aus mindestens fünfzehn Meter: kein Grund zu einer Be¬
fürchtung, und so wird der eigene Minierbetrieb ruhig weitergeführt.
8.3. Die Nacht weicht dem Tage. Da schüttert der Boden, als hätte eine Titanenfaust
aus der Tiefe gegen den Fels geschlagen. Aus dem Siefgrat bricht eine Flammen-
gavbe hervor. Hoch fliegen Gesteinsmassen, Balken, spanische Reiter: die Italiener
haben um 7.15 Uhr früh ihre Mine gezündet. Im Siefgrat klafft ein Trichter von
20 m Tiefe und 40 in Breite. Die feindliche Bedetteftellung ist abgesprengt, ver¬
schwunden. Noch hängt die Sprengwolke über Mt. Sief, als das Trommeln beginnt.
Alle Batterien scheint der Italiener aufgeboten zu haben. Gleich fauchenden Raub¬
tieren stürzen die Geschosse heran. Schon will vorstoßende Infanterie — es war
ein Zug des italienischen IR. 461 — Hand an den knapp an unsere Bedette
reichenden Trichterrand legen, allein die Streiter von der 11. Komp, unter
Lt. i. d. R. Josef Eberhard und Fch. i. d. R. Josef Steurer sind die Rascheren.
Unser Artilleriefperrföuer und Maschinengewehrfeuer sperren die Trichterschlucht.
In den Nachbarunterabschnitten sind alle Reserven alarmiert. Gegen Mittag ver¬
stummen die feindlichen Batterien; etwa zweitausend Geschosse mochten sie in den
Vormittagsstunden verfeuert haben. Der Feuertanz war zu Ende.
Auch hier möge Cadornas Bericht den Vortritt haben:
„Im Abschnitte Mt. Sief hat der Gegner gegen unsere Stellungen eine Minengalerie
gebohrt; wir bereiteten eine Gegenmine vor, die wir bei Tagesanbruch des 6. März sprengen
ließen. Die vom Feinde errichtete Galerie wurde teilweise zerstört, eines seiner vorgeschobenen
Werke flog in die Luft, indem es feine Verteidiger unter seinen Trümmern begrub. Trotz
heftigen Sperrfeuers der feindlichen Artillerie besetzten wir den durch die Explosion gebil¬
deten Krater."
Demgegenüber steht Oblt. Traubes interessanten Einblick gewährender sachlicher
Bericht:
„Am 6. März um 7.15 Uhr sprengte der Gegner auf dem Grat zum Knotzstützpunkt eine
Mine, durch die seine Vedettestellung abgesprengt und ein Trichter von etwa 20 m Tiefe
und 40 m Breite erzielt wurde. Die eigene Stollenanlage ist vollkommen stehengeblieben.
Schaden gelitten hat nur die eigene Vedettestellung, die zirka drei Meter nördlich des Trichter¬
randes liegt, und die Stellung der Feldwache 4. Beide Stellungen wurden teilweise verschüttet,
1 Schemfil, Col di Lana. Die Verluste dieses Zuges betrugen: 1 Offizier und 1 Soldat
gefallen, 10 Soldaten verwundet.
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