Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band II (II. / 1937)

Der Iännermonat war vorübergegangen. Er stand im Zeichen des Kampfes 
mit den Elementen. 
Aber ein anderer Kampf hatte eingesetzt — wieder wühlte der Tod durch die 
Felsen. 
Der Minenkrieg 
Skizzen 18, 19 
Der Col di Lana hatte seinem Bruder ein schauriges Erbteil hinterlassen. Auf 
immerdar war dem Berge, an dem Ströme von Blut vergossen wurden, ein fürchter¬ 
liches Wundmal eingegraben. Auch die 27er gewahrten tagtäglich dieses Mahn¬ 
zeichen. Griffnähe hob es sich aus dem schimmernden Weiß hervor. Sollte auch 
dem Brudergipfel, dem Mt. Sief, das gleiche Schicksal bestimmt sein? Sollten auch 
die Siesverteidiger sich mit dem Gedanken an eine „Himmelfahrt" vertraut machen? 
Alle Anzeichen schienen dafür zu sprechen. Denn gegenüber stand ein zäher 
Feind, wohl vertraut mit dem geheimnisvollen Handwerk des Krieges im Finstern. 
Sein rastloser Eifer, seine technische Rüstung für den Kampf im harten Fels 
waren erprobt. 
Reizte auch nicht die Lage zwischen den beiden brüderlichen Bergen zu solchem 
Beginnen? Der Italiener beherrschte feit dem 21. Mai des Vorjahres den Siefgrat. 
Dieser vom Col di Lana gegen den Mt. Sief ziehende Felsgrat, an manchen Stellen 
nur wenige Meter breit, ist etwa in seiner Mitte eingefattelt (Punkt 2387, 
Ziel 173 a), steigt sodann zum felsigen „Knotz" auf 2438 m an. Dem Knotz hatte 
der Italiener im Laufe der letzten Monate eine feste Wehr verliehen; er hatte 
ihn durch einen zugstarken, kavernierten Feldwachposten mit Maschinengewehren 
gegen den Siefhang geschirmt. Halbwegs zwischen feindlichem Gratstützpunkt und 
Siefspitze, von beiden etwa hundert Schritte entfernt, stand die Bedette unserer 
Gratwäche (Feldwache 4). Sie verfügte über eine Kaverne und ein Fuchsloch. Ein 
Maschinengewehr war in einem Felsstollen eingerichtet. 
Diese kleine Bastion drang gleich einem Stachel aus dem Siesgipfel in den 
Grat hinein. Dem Verteidiger bot ^dieser Siefspeer keine Angriffswehr. Für ihn 
bestand jedoch die ständige Gefahr, daß der gratbeherrschende Italiener ihm diese 
Waffe aus der Hand schlüge. Der mit allen Listen vertraute Feind hatte in dem 
Grate ein brauchbares, wenn auch schwankendes Sprungbrett zum nahen Sief hin. 
Nahe lag der Gedanke für den Verteidiger, es zu vernichten. 
So entstand der Plan, von der Siefspitzenkaverne aus einen Ofsensivstollen 
vorzutreiben, mit dem Ziele, den Knotz zu sprengen. Um die Mtte des Jänners 
war der Vortrieb so weit gediehen, daß der Stollenort in 12 in Tiefe halbwegs 
zwischen eigener und feindlicher Stellung lag. Vom Hauptstollen führten Quer¬ 
stollen nach aufwärts zur eigenen Feldwach- und Vedettenstellung. 
Man müßte jedoch keinen Italiener zum Feinde haben, wenn dieser nicht sofort 
mit gleicher Münze zahlte. War ihm doch das Wühlen im Stein eines seiner 
beliebtesten Kampfmittel. In der zweiten Iännerwoche hatte man großen Schutt¬ 
auswurf unterhalb der Kavernenlöcher am Siefgrat wahrgenommen, und es waren 
im eigenen Minenstollen Bohrarbeiten des Italieners deutlich hörbar. Sichere, 
um die Monatsmitte mehrere Tage hindurch vorgenommene Beobachtungen durch 
Sappeuroberleutnant Traube, vom Felsbande des Kleinen Lagazuoi aus, bestätigten 
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