600.000 schon gemusterter Männer der Einberufung. Hiemit waren jedoch die
Reserven der Monarchie nahezu bis zur Neige erschöpft. Da seit dem Herbste 1915
die Abgänge geringer waren als die regelmäßig eintreffenden Ersätze, konnte die
Ersatzleistung bis weit ins Jahr 1917 hinein als gesichert gelten, soserne sich dieses
günstige Verhältnis nicht änderte.
Die Brussilowoffensive im Sommer 1916 warf alle Berechnungen, alle Pläne
über den Hausen. Die Nordostfront hatte in wenigen Wochen mehr als 300.000
Kämpfer, nahezu die Hälfte ihres Feuergewehrstandes, eingebüßt. Der Ruf nach
Ersätzen wollte nicht verstummen. Auch an der Südwestfront stieg der Kräftever¬
brauch im Jahre 1916 sehr erheblich an. Mehr als ein Drittel der Gesamtabgänge
entfiel nunmehr schon auf diesen Teil des Kriegstheaters. Balkansront und trotz
der bewegten Geschehnisse auch der rumänische Kriegsschauplatz machten erfreuliche
Ausnahmen. Ein Rückgang bei den blutigen Verlusten als Folge zunehmender
Kriegserfahrung und verbesserten Kampfverfahrens war unverkennbar
Immerhin bezifferte sich der Gesamtabgang im Jahre 1916 noch immer auf
34.000 Offiziere und 1,716.000 Mann. Die meisten Jahrgänge waren schon zweimal,
manche ein drittes Mal gemustert; im Mai 1916 wurden die Achtzehnjährigen
(Geburtsjahrgang 1898) einberufen. Durch diese Maßnahmen vermochten im
Jahre 1916 dem Kriegsdienste noch rund 1,400.000 Männer zugeführt zu werden;
damit waren die Menschenreserven fast erschöpft.
Ein erheblicher Teil des Kraftzustroms zur Front floß den Spezialformationen,
dem unvermeidlich anwachsenden Heeresapparate, schließlich den mannigfaltigen
Ausbildungskursen zu, so daß der Plänklerstand, der Stand an Infanteristen im
engeren Sinne, im Jahresdurchschnitte 1916 nur ungefähr ein Drittel, im Dezember
nur mehr ein Viertel des Verpflegsstandes ausmachte. Um die Jahreswende 1916/17
betrug der Gefamtverpflegsstand 3,353.000 Köpfe, hierunter 45.000 nicht dienst¬
pflichtige Zivilisten und 301.000 Kriegsgefangene, die für die mannigfachen Hilfs¬
dienste im weiten Armee- und Etappenbereiche bereits herangezogen waren. Der
Verbrauch an Kräften war ein ganz bedeutender. Bis Ende 1916 waren 7.5 Mil¬
lionen Männer, 67«/» aller im wehrpflichtigen Alter von 18 bis 50 Jahren stehen¬
den, zu den Waffen gerufen worden. Von diesen waren etwa 700.000 gefallen oder
ihren Verwundungen oder Krankheiten erlegen, 600.000 undienstbar geworden,
1.500.000 in die Gewalt des Feindes geraten, 2.8 Millionen Männer waren als
Kämpfer gänzlich ausgeschieden.
Der Ausbau der Wehrmacht
Soweit es der Ersatzbedarf zuließ, war die Heeresleitung um den Ausbau der
Wehrmacht bemüht. Seit Kriegsbeginn waren 22 neue Divisionen aufgestellt wor¬
den. Auf eine Fortsetzung dieses Ausbaues im Sinne tatsächlicher Verstärkungen
im Jahre 1917 mußte Verzicht geleistet werden. Knappheit an Menschenreserven
zwang ebenso hiezu wie der schwer empfundene Mangel an „längerdienenden"
Unteroffizieren und vor allem an Berufsoffizieren, die gerade für die k. u. k.
Armee die stärkste Klammer des in ihr zusammengeschweißten Völkergemifches der
Monarchie bedeuteten.
1 Auf 1000 Männer, die aus den Kämpferreihen ausschieden, entfielen: im Jahre 1914
109 Gefallene und 365 Verwundete, im Jahre 1915 84 Gefallene und 296 Verwundete, im
Jahre 1916 53 Gefallene und 237 Verwundete lÖsterreich-Ungarns Letzter Krieg, VI., 47).
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