Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band II (II. / 1937)

200 Kampfwagen waren bereitgestellt, 33 Millionen Granaten niedergelegt. Eine 
70 km klafternde Durchbruchsschlacht, in der die Materie über den Menschen 
triumphieren sollte, hatte binnen 48 Stunden den Feldzug aus der Starre zu 
erlösen. Schon in den beiden ersten Tagen waren Nivelles Armeen blutend nieder¬ 
gesunken, war über das Schicksal der Offensive entschieden. Endgültig wurde der 
Druchbruchsgedanke aufgegeben. Es folgten noch von Ende April bis Ende Mai 
vier Teilangriffe ohne nennenswerten Erfolg. 
Der mit überragendem Heldenmut erfochtene deutsche Abwehrsieg zählte zu den 
glänzendsten Leistungen des ganzen Krieges. Je mehr die große Durchbruchsschlacht 
beiderseits von Reims zur höchsten nationalen Angelegenheit des französischen 
Volkes geworden war, um so niederschmetternder war der Eindruck aus Volk und 
Heer. Der Sturm fegte zunächst den „Blutsäuser" Nivelle hinweg. Die Blicke der 
entmutigten Armee richteten sich auf den General Pötain. Bedenklich, ja bedrohlich 
wurde die Stimmung in der französischen Armee im Lause des Mai. Die ersten 
Meutereien traten nach dem 20. Mai bei den in Ruhe befindlichen Armeekorps 
auf und verbreiteten sich nach vorne. „Niemals hat die französische Armee eine so 
schreckliche moralische Krisis durchgemacht wie anfangs Mai 1917", so lautet das 
Urteil des damaligen Kriegsministers Painleve. General Petain wurde zum 
rettenden „Arzt" der Armee, und seiner ruhigen, gemessenen Art gelang es, bis 
anfangs Juli die Manneszucht im Heere herzustellen, das zur Führung wieder 
Vertrauen gewann. 
Der Zustand der französischen Armee blieb „eines der wenigen wohlbehüteten 
Geheimnisse des Kriegesl“. Als der Schleier sich lüftete, war es zu einer deutschen 
Gegenoffensive, die mit „blitzendem Vergeltungsschwert" über das erschütterte fran¬ 
zösische Heer hereingebrochen wäre, zu spät. 
Während Petain sich zu einzelnen „Hammerschlägen" vorbereitete, marschierten 
die Briten, denen auch weiterhin die Hauptlast des Kampfes zufiel, auf eigene Faust 
und nach eigenen Plänen in Flandern auf, um in riesigen Zermürbungsschlachten 
Lloyd Georges Wort wahrzumachen, daß England zur Fortsetzung der Offensive mit 
dem Einsätze seiner ganzen Kraft bereit sei, denn der Brite wolle den Krieg vor 
dem Auftreten Amerikas im Felde gewinnen, da nur in diesem Falle Großbritannien 
seine überragende weltpolitische Stellung behauptete. 
Zur Zeit, als das Schicksal der Frllhlingsoffensive der Entente bereits besiegelt 
war, standen nach einer mehr als halbjährigen Schlachtenpause Mitte Mai die 
Italiener zur zehnten Isonzoschlacht auf und bestürmte die Orientarmee die 
bulgarischen Linien, ohne.durchgreifende Erfolge zu erringen. 
Indessen drängte die russische Revolution, unter stärkstem Drucke der Entente¬ 
diplomaten, zur Fortsetzung des Krieges. Und so vermochte der 31jährige Kriegs¬ 
minister Kerenski durch feurige Beredsamkeit die Massen nochmals auszupeitschen 
und das russische Heer unter Gen. Brussilow am 1. Juli zu einem anfangs erfolg¬ 
reichen Großangriff gegen die öst.-ung. Front südlich von Lemberg, bei Zboröw, 
fortzureißen. Mitte Juli war die Gewalt des Ansturms gebrochen, die große 
Kerenfkioffensive endgültig zusammengebrochen. In diesem Augenblicke traf der 
sorgfältigst vorbereitete Gegenangriff am 19. Juli auf Tarnopol überraschend das 
russische Heer, das als gefährliches Angriffsheer nunmehr endgültig ausgeschaltet 
1 Roch, „Lloyd George und der Weltkrieg". 
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