Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

Am schwersten hatte die 11. Komp, auf Findenegg unter dem Wintereinbruch 
zu leiden. Korp. Grimm, der Kommandant der Minenwerferpatrouille auf Finden¬ 
egg, entwirft in seinen Tagebuchauszeichnungen vom 5. November ein anschauliches 
Bild von der Lage auf Findenegg: 
„Seit Tagen fällt Schnee. Kaum, daß wir in der Lage sind, die Menage zu holen. Geht 
der Flockentanz weiter, so sind wir abgeschnitten. Ständig müssen zwei Mann schaufeln, 
um Minenwerferstand und Hütte in Ordnung zu halten. Der schmale Felsensteig, der an den 
Ochsensteig am Hochschwab gemahnt, ist seit Stunden unpassierbar, durch Lawinen verlegt. 
Mit unheimlicher Wucht fegt der Sturm dahin, meterhoch liegt zusammengewehter Schnee. 
Der einzige Trost in diesen Tagen ist unser Holzstoß und der ständig rotglühende Schwarm¬ 
ofen. Drei lange Tage und Nächte sind wir ohne Verbindung mit der Kompagnie; nur müh¬ 
sam sind die dreißig Schritte bis zur Feldwachhütte zu bezwingen. Auch der Feldwache Nr. 1 
geht es nicht besser. Hunger! Hunger! Kein Krümchen Brot, keine Menage, keine Fassung, 
keine Post, keinen Befehl! Die karge „eiserne Ration", für drei Tage berechnet, ist die 
einzige Nahrung. Endlich, am vierten Tage der Gefangenschaft, ließ das Unwetter nach. 
Undurchdringlicher Nebel stellte sich ein. Die erste Aufgabe des Kompagniekommandanten 
war, nach uns Ausschau zu halten. Lebten die dreißig Mann auf Feldwache Nr. 1 noch? Ja, 
sie lebten! Aber wie sie verköstigen? Der Pfad nur mit Schneereifen über Lawinenbrüche 
gangbar, die Schlucht nicht zu umgehen, da stets neue Masten von Schnee abrollten. Durch 
Rufe und Zeichen kam eine Verständigung zustande. Einer von den Hilfsmannschaften kam 
auf den glücklichen Gedanken, ein Seil über die trennende Schlucht abzuschießen. Die improvi¬ 
sierte Seilbahn beförderte Menage und Fassung, bis ein Schneetunnel die Verbindung wie¬ 
der herstellte." 
Die Verschiebung einer bisher an der Kärntner Grenze gestandenen feindlichen 
Brigade an den Isonzo machte es nötig, den Vorgängen in und hinter der gegen¬ 
über befindlichen Feindfront größte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Ein Abziehen 
von Kräften sollte möglichst bald festgestellt werden, nicht erst dann, wenn diese 
bereits an der Karstfront in den Kampf eingegriffen haben. 
Die dem 3. November folgenden Tage waren demnach von Patrouillengängen 
ausgefüllt, deren Ergebnisse auf keine Veränderungen deuteten, soweit der den 
27ern gegenüberliegende feindliche Bereich in Betracht kam. Der vom III. BaonsKmdo. 
ins Auge gefaßte Patrouillengang über die Kastreinfpitze gegen die Bärenlahnscharte 
mußte der Lawinengefahr wegen unterbleiben. 
Am 12. November in den tieferen Lagen eintretendes Regenwetter setzte am 12.11. 
13. das ganze Seebachtal unter Wasser. Der wild schäumende Seebach riß alle Stege 
weg, schwemmte die Drahthindernisanlagen im Bachbette ab. Laufgräben und 
Unterstände der Talsperre standen unter Wasser, die Verbindung zwischen Krumm¬ 
bach- und Kanzelstellung war durch den Wildbach unterbunden. Es kostete viel 
Schweiß, um die Schäden an der Talsperre wieder gutzumachen. 
Am 22. November rückten die Ersätze vom XVI. MaBaon. ein, durch deren 22.11. 
Aufteilung das Halbregiment am 30. November einen Derpflegsstand von 67 Offi¬ 
zieren, 2462 Mann, 240 Pferden erreichte; der Gesamtfeuergewehrstand belief sich 
auf 2104, der Kampfstand des I. und III. Baons. auf 1444. 
Auch die Novemberwochen und die Dezembertage bis zum Auszuge aus der 
Bergfront wurden zu deren Ausbau genutzt. Schon der gleich nach dem Beziehen 
der Stellungen einsetzende Großbetrieb ließ eine Reihe von Unterkunftsbaracken 
erstehen. Die „Sieglalm" war nicht wieder zu erkennen. Eine kleine Kolonie 
wuchs aus der Wildnis. Ein breiter Fahrweg führte vom Fischkopf hinab zum 
Regimentskommandostandorte im Weißenbachgraben, wo die Regimentspioniere 
für Kommando und Reserve inmitten der Tannen-, Fichten-, Föhren- und Kiefern- 
pracht eine schmucke Kolonie aufgebaut hatten. Zwölf Depots im Stellungsbereiche 
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