Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

Es war 6 Uhr morgens geworden. Da zerriß im jähen Umschwünge dumpfes 
Donnergrollen das Bergesschweigen. Me italienischen Kanoniere im Dognatale 
standen an den Rohren, die ihre stählernen Ungetüme aus den Grenzkamm warfen. 
Östlicher Zweispitz und Piper-Zweispitz-Scharte mit ihren Besatzungen waren die 
auserkorenen Opfer dieses mit allem Machtaufgebote schwerer Kaliber gespeisten 
Feuerwirbels. Pausenlos, mit immer mehr gesteigerter Gewalt fegt dieser Feuer¬ 
hauch über die solchem Orkane wehrlos preisgegebenen Besatzungen, auf die 
9er-Jäger hoch oben auf dem Zweispitzgipfel, auf die 27er in der verwünschten 
Teufelsscharte. Längst sind die mühselig aufgerichteten, unzulänglichen, die Todes¬ 
gefahr noch erhöhenden Steinbrustwehren zerschlagen. Der aufgewühlte Stein¬ 
boden schleudert Felsblöcke und Steinsplitter in mächtigen Fontänen todbringend 
in die kauernde Kämpferschar, die schutzlos diesem stählern-steinernen Wirbel 
ausgesetzt ist. 
Auch die Bascon-Gugg-Front fetzt der Italiener unter kraftvolles Artillerie¬ 
feuer. Frühzeitig sind die telephonischen Verbindungen zum Grenzkamme unter¬ 
bunden. Erst um 1.30 Uhr nachmittags läuft eine Meldung eines die Leitung 
abgehenden Iägerzugsführers beim Abschnittskommando Bascon, Mjr. Dorney des 
HIR. 13, ein, und eine Viertelstunde später platzt die auffallende Lagemeldung 
des Lt. i. d. R. Böhm des FIB. 9 vom Zweispitz herein: „Durch Artilleriefeuer 
beide Züge aufgerieben, teils tot, teils verwundet. Verstärkung dringend nötig!" 
Ein Iägerzug, ein Honvedhalbzug sind das erste Aufgebot, das Hilfe bringen soll. 
Werden sie noch zu rechter Zeit den Gipfel erklimmen? Die Bvigadereserve, eine 
Kompagnie des LIR. 4, ist züm Basconabschnitt unterwegs. 
Schon um 10 Uhr vormittags ist ein 27er-Zug mit einem Maschinengewehr auf 
Befehl des Brigadiers, GM. Jafchke, von der Strekiza auf dem Wege zum Stütz¬ 
punkte 1579. Dort hatten sich die Italiener während der letzten Regentage auf 
etwa 500 bis 600 Schritte an die südlich des Stützpunktes haltende Feldwache in 
der Richtung des Rankgrabens herangeschoben. Diesen Eindringling galt es zu 
vertreiben. Die 27er-Abteilung vermochte aber wegen des schweren Artilleriefeuers, 
das auf dem Stützpunkte lag, erst um 8.30 Uhr abends heranzukommen. 
Mittlerweile hatte das unaufhaltsam hereinsegende Schwerfeuer die Besatzungen 
im Hochtor und auf dem Zweispitz geradezu fürchterlich heimgesucht. Ein Großteil 
beider Besatzungen tot, verwundet, verschüttet. Besonders aus dem Zweispitz hatte 
der Feuerwirbel verheerend gehaust. Die zuhöchst gelegenen Deckungen erhielten 
schon frühzeitig mehrere Volltreffer aus 21er-Mörsern. Emporgewirbelte Leichen, 
zersetzte Körperteile, aufgerissene Felsblöcke kollerten hangabwärts in die tiefer 
liegenden Etagendeckungen. 
Was erübrigte — oben auf dem Gipfelhang, unten in der Schartentiefe —, 
harrte aus, ertrug mannhaft das schreckhafte Bild der Verwüstung, vernahm den 
Schmerzensschrei der hingestreckten, schwerverwundeten Kameraden, half, so gut 
es ging, und — wartete. 
Tagsüber hatten die dunklen Nebelschleier sich gelichtet, zeitweise rissen sie 
auseinander. Doch verhinderten die kreisenden Nebelschwaden noch immer die Sicht. 
Gespannten Blicks lugen die hart getroffenen 27er-Schartenverteidiger in die nebel- 
dunkle Einsallspforte. 
Es ging gegen 3 Uhr nachmittags. Dichter Nebel lag wieder schwer auf dem 
Grenzkamme, als Gestalten im Nebelvorhange auftauchten. Alpini sind es! Ein 
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