dogna (1452 m), hinabführt. Weiter gegen West bäumt sich der Grenzkamm zum
gipfelreichen Massiv des Mt. Piper (2066 m, 2054 m, 2002 m) mit feiner reichgeglie¬
derten Nordwandfront, deren Geröllhalden bis an die Baumgrenze heranbranden.
Gewaltige Balkonstufen, mit Latschendickicht und spärlichem Graswuchs durchsetzt,
bringen Leben ins tote Gestein. In Steilwänden bricht die Westflanke des klobigen
Pipermassivs ab, um sich noch einmal zum Zweispitz aus 2047 m Gipfelhöhe empor¬
zuschwingen. Zwischen diesen mächtigen Burgen öffnet sich die Eingangspforte ins
Welsche, beschirmt von ihren dräuenden Wächtern. Es ist die Piper-Zweispitz-Scharte
(1824 m). Zu ihr hinauf schlängelt sich durch mächtige Latschen der von der Strekiza
südwestwärts führende, den Rankgraben (Kote 1326) überquerende Steig, der nach
Erreichung des von Norden aus dem Fellatale ansteigenden bewaldeten Querrückens
auf der balkonartigen Warte (1579 m) zu beschaulicher Rast einlädt. Von der For-
cella di Canaloto — so nennt der welsche Mund die Piperscharte — klettert der
Saumpfad hinab nach Implanz im Dognatale.
Die Wacht in der Piper-Zweispitz-Scharte mußte über höhere Weisung ein
Zug der 2. MaKomp. übernehmen: eine wenig beneidenswerte und kaum ver¬
ständliche Ausgabe, zumal für die bergerfahrenen Steirer, unter denen sich mancher
Wilderer befunden haben mochte, dessen „taktischem Instinkte" es zuwiderlief, in
dieser Falle zu lauern, dieweil die nachspürenden Jäger zu Häupten saßen. Aber
es war noch nicht „Krieg", und es galt die strenge Weisung zu beachten, nichts
zu unternehmen, was den noch immer offiziellen „Dreibundgenossen" zu reizen
vermöchte — ihn, der sich längst der „anderen" Seite zugewandt und seit dem
26. April an sie vertraglich gebunden hatte.
Die drei anderen Züge der 2. MaKomp. auf der Strekiza griffen zu Spaten,
Krampen und Schaufel. Es galt, die von einer Kompagnie des LstIBaons. 151
und von einem Sappeurzuge bereits in Angriff genommenen Befestigungsarbeiten
zu beschleunigen. Auch Artillerie hatte sich schon eingenistet, zumeist Geschütze aus
dem Fort Hensel, das man bis auf vier Kanonen von Artillerie entblößt hatte.
Sie sollten den Feind irreführen, das Feindfeuer aus sich lenken — eine Maßnahme,
die sich später bewähren sollte.
27er-Patrouillen, die bis auf den Mittagskofel stiegen, trafen dort italienische
Patrouillen. Anfangs ließ das gegenseitige Verhältnis keine Wünsche offen. Man
vertrug sich gut, plauderte, tauschte Zigaretten aus. Bald trübte sich das Einver¬
nehmen. Italienische Patrouillen überschritten die Grenze. Einmal ereignete es
sich, daß ein von einer Patrouille abgebliebener Mann von den Italienern über¬
fallen wurde. Als sich einige Tage später ein ähnlicher Vorfall abspielte, ließ der
27er-PatrouiIIenkommandant schießen, worauf die Italiener zurückgingen, einen der
Unseren, den sie festgenommen hatten, herausgaben und sich entschuldigten. Die
Folge dieser Plänkeleien war das strikte Verbot des Divisionskommandos, bis zur
Grenze vorzurücken, denn die italienische Kriegspartei suche nach einem Vorwände
zur Kriegserklärung.
20.5. Am 20. Mai wurde Alarmbereitschaft verkündet, wovon auch die mittlerweile
auf der Strekiza mit dem Bataillonsstabe eingetroffene 1. und 3. Komp, betroffen
waren. Ein höherer Grad des Spannungszustandes war somit erreicht. Als oberster
Grundsatz hatte strengste Verteidigung zu gelten.
Pfingsten nahte heran. Am Samstage vor dem Pfingstsonntage genossen die stets
frohgemuten Steirersöhne auf der Strekiza bei einem prasselnden Lagerfeuer, in
400