Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

Erscheinung. Am 25. Mai übernahm der bisherige Führer der 1. Armee, G. d. K. 
Dank!, mit den örtlichen Verhältnissen aufs innigste vertraut, das Landesver¬ 
teidigungskommando. 
Kärntens Grenze schien zur Zeit des Kriegsbeginns weit mehr bedroht als die 
Tiroler Grenzen. Es bestand Gefahr, daß ein fester, rascher Griff in das Drautal 
die lebenswichtige Verbindung Tirols mit dem Reichsinneren unterband. Tirol 
konnte, von rückwärts angefaßt, leichter zu Fall gebracht werden. Vom Drautale 
führte überdies der kürzeste Weg nach Wien, den schon einst Napoleon erfolgreich 
eingeschlagen hatte. Für diese an die 120 km lange Front mußte durch Zuschub 
mobiler Truppen Vorsorge getroffen werden. Die auf dem nördlichen Kriegsschau¬ 
plätze frei gewordenen zweieinhalb Divisionen sollten in Eiltransporten ihrer neuen 
Bestimmung zugeführt werden. Sie traten dort in den Verband der mit Kärntens 
Verteidigung betrauten Armeegruppe des G. d. K. Rohr, der in Villach sein Stand¬ 
quartier aufgeschlagen und am 12. Mai in FML. Seotti, dem langjährigen General- 
stabschef des Grazer Korps und ehemaligen Brigadier der 27er, einen neuen 
Stabschef erhalten hatte. 
Der Oberbefehl über die Slldwestfront war dem bisherigen Kommandanten der 
Balkanstreitkräfte, GO. Erzherzog Eugen, übertragen worden, dessen Hauptquartier 
sich erst am 27. Mai in Marburg einrichtete. 
Auf Seiten Italiens vollzog sich der Aufmarsch mit der 1. Armee, der eine 
defensive Rolle zugedacht war, beiderseits des Gardasees gegen Tirol. Die 4. Armee 
hatte vom Cadore her in den Raum von Toblach vorzustoßen. Die „Karnische 
Gruppe" (Zona Carnia) sollte den Aufmarsch der beiden Flügelarmeen decken, den 
Angriff aus die Sperren von Malborgeth, Raibl und Predil einleiten und sich über 
die Karnischen Alpen gegen den Raum um Villach in Bewegung setzen. Die 2. und 
3. Armee, zum Angriff auf die Jsonzolinie bestimmt, standen mit starken Kräften 
am Tagliamento und östlich des Flusses. Die 2. Armee hatte sich im Abschnitte 
zwischen dem Mt. Maggiore und der Straße Cormons—Görz zu versammeln und 
von Nordfriaul aus die Becken von Tolmein und Karfreit zu gewinnen. Der 
3. Armee, der auch die Heeresreiterei zugeteilt war, sollte es vorbehalten sein, 
zwischen der Straße Cormons—Görz den Weg nach Triest zu öffnen. 
Obwohl die zwei linken Armeen der Italiener am ersten Kriegstage den 
50.000 Tiroler Landesverteidigern1 190.000 Gewehre (ohne Heeresreserven) ent¬ 
gegenzustellen hätten, kam es, da sich Freund und Feind vorerst auf die Abwehr 
zu beschränken gedachten, zunächst nur zu untergeordneten Kampfhandlungen. Aus 
diesen folgerte das italienische Höchstkommando, daß der Gegner noch nicht imstande 
oder doch nicht gewillt fei, ernsten Widerstand zu leisten. Da Ähnliches sich auch im 
Küstenlande begab, forderte es am 27. Mai alle Armeekommandanten auf, aus 
der Lage Nutzen zu ziehen, den Operationen einen entschiedenen Charakter zu 
geben und sich rasch jener Stellungen zu bemächtigen, die vom Gegner nicht ernst¬ 
haft verteidigt würden. Cadornas Weisungen schlossen mit der Anfeuerung: „Eifer, 
Offensivgeist und Gewinnung der moralischen Überlegenheit über den Feind1 2." 
Im Hinblicke aus die zehnmonatige, dem ehemaligen Bundesgenossen zur Ver¬ 
fügung gestandene Vorbereitungszeit war die Annahme gerechtfertigt, daß Italiens 
1 In diese Zahl sind das deutsche Alpenkorps und einige erst nach Kriegsausbruch ein¬ 
treffende Marschbataillone nicht eingerechnet. 
2 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, II., 516. 
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